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Leben auf Pump

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die lokale Bevölkerung werden immer sichtbarer. Wir können natürlich nur über das schreiben was wir hier sehen, aber es scheint im ganzen Land gleich zu sein. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf. Wir möchten nicht sagen, dass die lokale Bevölkerung arm ist weil sie Hunger leiden muss. Traditionell sind die Leute hier draussen im Regenwald Selbstversorger. Praktisch jede Familie hat einen grossen Garten (Chakra) wo Bananen, Yuka (Maniok), Mais, Heilpflanzen und viele verschiedene Früchte für den Eigenbedarf angebaut werden. Um die Häuser werden Hühner, Enten und anderes Geflügel gehalten. Hungern muss hier fast niemand aber Geld gibt es trotzdem keins. Viele Leute arbeiteten vor der Krise im Tourismus, den gibt es aber kaum mehr und deshalb haben die Meisten ihre Arbeit verloren. Einige Familien haben Kakao- und Kaffeeplantagen. Wenn sie Geld benötigen verkaufen sie einige Früchte oder die Ernte der Plantagen. Da fängt das Problem aber bereits schon an. Der erste Abnehmer bezahlt nicht sofort sondern erst in ein bis zwei Monaten – wenn überhaupt. Aber auf diesen Abnehmer sind die Familien angewiesen, denn praktisch niemand hier besitzt ein Auto um die Waren zu transportieren. Der nächste Zwischenhändler zahlt nur die Wegspesen und der letzte Käufer vertröstet dann dauernd auf später. Kakao und Kaffee kommen aber immer in Europa an und dort ist der Nachschub gesichert. Wo das Geld verschwindet weiss niemand. Leider, wie überall auf der Welt, nutzen einige Reiche die Krise aus um noch reicher zu werden. Trauriger Weise gilt das auch für Vertragsbauern, die für einige der schönen Labels produzieren. Unter dem Deckmantel Corona kann man auch hier alles machen. Als Folge davon lässt die lokale Bevölkerung in den Läden alles anschreiben bis sie gezwungen sind mal wieder einen gewissen Betrag zu bezahlen. So werden die Schulden einfach hin und her geschoben. Viele haben schon mit Tauschgeschäften begonnen: Eier für Bananen, Kanufahrten für Mais usw. Ja, die ganze Region lebt auf Pump. Leider haben viele Familien noch offene Kredite aus den „guten Zeiten“ als man noch Geld verdienen konnte. Wann die Banken alles zurückfordern werden ist nur noch eine Frage der Zeit. Aber was wollen die überhaupt zurückfordern es gibt ja gar nichts mehr. Viele Arbeitgeber nutzen die aktuelle Situation auch aus und zahlen sehr kleine Löhne: Acht Dollar am Tag. Nicht pro Stunde sondern pro Tag mit acht Arbeitsstunden. Das ist tatsächlich erlaubt, denn der Staat hat den Mindestlohn von zwölf auf acht Dollar pro Tag runtergesetzt um mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Wir bleiben aber fair und bezahlen den Taglöhnern 15 Dollar plus ein reichhaltiges Mittagessen. Da wir im Aufbau sind haben wir immer mal wieder einige Taglöhner die uns helfen. Nur César konnten wir einen Festanstellungsvertrag geben.

Taglöhner

Wir werden oft von verzweifelten Familien angesprochen ob wir nicht eine Woche Arbeit für sie hätten. Sie müssen Kredite abbezahlen, ein Familienfest steht bevor an dem sie sich beteiligen müssen oder sie brauchen einfach Geld um Medikamente zu kaufen. Wir sind keine Bank und wir verleihen kein Geld aber Arbeit haben wir meistens, natürlich auch wegen dem längeren Ausfall von Michael. Aber auch wir können nicht immer allen eine Arbeit geben obwohl es dadurch für uns natürlich viel schneller vorangehen würde. Aber unser Budget ist sehr begrenzt. Als einer der wenigen Arbeitgeber haben wir dafür bei der Bevölkerung viel Akzeptanz bekommen aber leider auch viele Neider. Wir müssen immer aufpassen, dass wir nicht einzelne Familien bevorzugen und müssen jeweils alle berücksichtigen. „Wer gute Arbeit leistet bekommt den Job“ geht leider nicht immer, denn die einzelnen Familien verstehen das nicht.

Das Video zeigt die Gebäude der Finca Don Sigifredo und die Umgebung:

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