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Rundumblick

Vor gut drei Wochen hatten wir einen gewaltigen Sturm. Der Wind kam den Rio Napo hoch gefegt und traf ungebremst auf die Insel Anaconda, es hat uns sehr hart getroffen. So starke Winde haben wir hier noch nie erlebt und in der Schweiz auch erst einmal, bei Lothar (1999). Es bildete sich eine Windhose, weshalb der Sturm von allen Seiten kam. Das der Strom ausfiel war mehr als verständlich. Der Sturm brachte auch etwas Regen mit sich, der dann von allen Seiten ins Haus rein gepeitscht wurde und so das ganze Haus unter Wasser setzte. Wir haben ja keine Glasfenster, die man schliessen kann. So waren wir vor allem damit beschäftigt alle elektrischen bzw. elektronischen Geräte ins Trockene zu bringen oder abzudecken. Das Ganze dauerte nur etwa eine Stunde und dann war der Spuck auch schon wieder vorbei. Als wir raus konnten um zu schauen was alles zerstört wurde stellten wir schnell fest, dass die Wasserleitung gerissen war. Zum Glück war das in der Nähe unseres Hauses und wir reparierten sie noch in der gleichen Nacht provisorisch, so dass der Tank sich nicht leerte. Am Haus waren nur kleine Schäden entstanden und bei der Werkstatt hatte sich eine Dachplatte verabschiedet und ein Balken wurde aus der Verankerung gerissen.

Schaden am Dach der Werkstatt

Am nächsten Morgen sahen wir dann aber das ganze Ausmass der Zerstörung. Bäume wurden entwurzelt und/oder einfach enthauptet. Urwaldriesen, die schon über hundert Jahre alt waren, wurden zu Fall gebracht.

Plantagen auf der Insel Anaconda wurden platt gewalzt und viele Häuser wurden abgedeckt. Wir waren einige Tage damit beschäftigt aufzuräumen und zu reparieren was möglich war. Ja, das Reparieren war eine Geduldssache da der Strom erst nach vier Tagen wieder floss. Die Hauptleitung wurde zerrissen und 12 Pfosten sind umgefallen, dass musste die Stromfirma auch erst mal reparieren und ersetzen.

Joëlles Weg, der Waldlehrpfad, wurde vom Sturm auch nicht verschont und so mussten wir da ebenfalls den Weg freischneiden und teilweise sogar neu anlegen. Michi hatte die Idee am höchsten Punkt des Weges einen Aussichtsturm zu bauen. Von dort oben hat man einen wunderschönen Rundumblick. Der Sturm hat die ehemalige Weidefläche zusätzlich gerodet, so dass die Aussicht dadurch noch erweitert wurde. Da Michi das schon lange geplant hatte, wurden die Fundamente bereits vor dem Sturm gegossen. Mit dem Bau, natürlich wieder aus Bambus, hat es dann aber etwas gedauert. Das langwierigste war das ganze Material da hochzubringen – Steine, Sand, Zement und wegen der Trockenzeit auch das Wasser. Wir kamen uns schon manchmal so vor wie Sisyphus der den ganzen Tag da Steine hoch trug, immerhin kamen wir oben an und es hat sich auch gelohnt.

Michi und César haben beim Bauen auch diesmal wieder junge Männer ausgebildet. Das Grundgerüst mit dem Dach war schnell erstellt, so dass wir im Schatten arbeiten konnten. Aufgrund der exponierten Lage müssen wir den Turm vor Sonne, Wind und Regen schützen. Die alten Dachplatten, die sich beim Sturm von der Werkstatt gelöst hatten, konnten wir hier gleich wieder verwenden und haben damit den Aussichtsturm eingekleidet.

Der einmalige Rundumblick lädt zum Verweilen ein. Für Ornithologen ist der Turm ein super Ort um Vögel zu beobachten. Wir werden auch noch einige spezielle Busch- und Baumsorten in der Umgebung pflanzen um noch eine höhere Vogelvielfalt anzulocken. Die Tukane und Arassaris haben uns aber zuerst genau beobachtet und aufgepasst, dass da ja alles mit rechten Dingen zu und her geht. Nun können wir im Gegenzug sie und viele andere Arten in Ruhe beobachten.

Wir haben uns bei «Red de Bosques (CNBRPE)» als Mitglieder beworben. «Red de Bosques» ist eine Organisation von privaten Waldbesitzern bzw. -schützern aus ganz Ecuador. Wir kennen sie von früher, aus der Zeit als wir den amaZOOnico leiteten. Damals war Selva Viva ein aktives Mitglied dieser Organisation und wir haben an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen bzw. mitgeholfen. Nun wird Finca Don Sigifredo aufgenommen. Das freut uns sehr, denn das Netzwerk was da besteht ist sehr gross und über ganz Ecuador verteilt. Unser Wald wird über «Red de Bosques» beim Umweltamt als privates Naturschutzgebiet registriert werden, was leider für Privatpersonen nicht möglich ist. Als privates Naturschutzgebiet haben wir aber auch Verpflichtungen und dürfen dann in unserem als geschützt deklarierten Wald keine Bäume mehr fällen. Im Gegenzug erhalten wir aber durch das Netzwerk oder vom Umweltamt Hilfe im Falle von illegalen Tätigkeiten auf unserem Land. Durch eine einmalige Aufnahmegebühr wird die Registrierung durch «Red de Bosques» vorgenommen, was Joëlle natürlich sehr freut. Doch Papiere musste sie trotzdem ausfüllen und das waren nicht gerade wenige, aber wenigstens muss sie die Behördengänge nicht selbst machen. Für unser Projekt ist das ein Meilenstein und es freut uns sehr, dass wir bald ein deklariertes Naturschutzgebiet haben das unter Schutz steht und anerkannt ist. Wir werden euch auf dem Laufenden halten und euch mitteilen, so bald wir den Status erhalten haben.

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Umdenken

Die Regenzeit ist vorbei. Das bedeutet nicht, dass es bei uns jetzt nicht mehr regnet. Die Niederschlagsmengen sind einfach viel geringer. Wie bereits in einem früheren Blog erwähnt, haben auch wir El Niño zu spüren bekommen. Wir hatten nicht mehr Regentage als in den Vorjahren, aber die Intensität war enorm. Wir hatten mehrmals innert vier Stunden 154 mm Niederschlag. César und Michi haben deshalb eine Bestandesaufnahme gemacht, wie viele Erdrutsche es bei uns gab und vor allem, wie viele Bäume umgefallen sind und ob man deren Holz nutzen kann. Es gab leider mehrere Dutzend Erdrutsche sowohl auf den Weiden als auch im Wald.

Sehr viele Bäume sind umgefallen, es hat auch Harthölzer darunter. Gleich drei sind in nächster Nähe gefallen, auch ein Mahagoni ist dabei. Nun müssen wir abwägen, ob wir das Holz holen sollen. Falls ja, stellt sich die Frage: «wie Schneiden wir es, Bretter oder Balken?» Wo wir es lagern, ist dann das nächste Problem. Am besten wäre es, wenn wir es gleich an jemanden verkaufen könnten. Wir haben aber noch etwas Zeit, die Bäume sind so hart, dass sie locker noch ein bis zwei Jahre liegen bleiben können, ohne zu verrotten.

Uns hat auch die Trockenzeit direkt getroffen. Noch vor zwei Wochen hatten wir viel Regen, jetzt fehlt er. Die Trockenzeit kam viel zu früh und das bekommen wir stark zu spüren. Der Wasserspiegel unseres Fischteiches ist um 70 cm gefallen und die wenigen Niederschläge können das nicht wett machen.

zu wenig Wasser im Teich

Zum Glück sind unsere Fische hart im Nehmen, aber so kann es nicht bleiben. Michi und César suchten und fanden die alte Wasserfassung des ehemaligen Hauses. Michi hat berechnet das zwischen 1200 – 1400 Liter (ca. 0.91 Liter pro Minute) pro Tag fliessen, und das in der Trockenzeit (zehn Tage ohne Regen). Viel zu wenig Wasser fürs Haus, aber für den Fischteich hilft das schon. So haben wir beschlossen die alte Fassung wieder in Stand zu setzen. Michi machte es natürlich gleich richtig und baute verschiedene Filter und Tanks ein, damit der neue 350 Meter lange Schlauch nicht so schnell verschmutzt.

Nun läuft das Wasser in den Teich und so können wir die Wasserverdunstung ausgleichen. Nach Regenfällen sollte mehr Wasser fliessen und so dazu beitragen, dass sich der Teich schneller wieder füllt. Um den Teich aber noch schneller wieder aufzufüllen, haben wir auch damit begonnen, das Dachwasser umzuleiten. Wir befürchten stark, dass sich die Trockenperioden in Zukunft häufen und länger andauern werden – von einem Extrem ins andere, so wie auch im Rest der Welt. Heute zu trocken, morgen überschwemmt und umgekehrt.

Wasser läuft

Wir haben viel Weidefläche durch Erdrutsche verloren und noch zusätzliche zwei Hektaren durch die Ölgesellschaft. Denn durch unser Land führt die Ölpipeline. Seit Anfang Jahr wird sie alle drei Monate gereinigt. Das bedeutet, dass ein 12 Meter breiter Korridor über der Pipeline freigeschnitten wird, auf dem nichts wachsen darf. Bei der Reinigung wird das Gras so tief geschnitten, dass die Grasnarbe beschädigt wird. Sobald sich das Gras erholt hat, wird es erneut geschnitten. So bleibt keins mehr für die Kühe übrig. Wir haben uns schweren Herzens dazu entschlossen, Michi mehr Joëlle, die Kühe zu verkaufen. Wir suchten einen Käufer der die ganze Herde übernehmen würde um sie nicht direkt dem Metzger übergeben zu müssen. Wir fanden jemanden der sie haben wollte und wurden uns auch über den Preis einig. Leider zahlte er dann doch nicht und hat sich auch nicht wieder bei uns gemeldet. So mussten wir erneut auf die Suche gehen. Wir hatten Glück und fanden erneut jemanden. Er hat mehrere Höfe und wird einige Tiere für die Zucht behalten. Andere bleiben bei ihm, bis sie grösser sind und gehen erst dann in den Schlachthof. Für uns war es sehr wichtig, dass sie einen guten Platz bekommen mit eingezäunter Weidefläche und nicht an einem Pfahl angebunden werden. Da der Fleischpreis erneut gesunken ist waren wir froh, dass wir doch noch etwas verdient haben und nicht draufzahlen mussten. Letzte Woche haben uns dann unsere Kühe verlassen.

Kühe bereit zum Transport

Wir waren schon etwas traurig, besonders Michi. Keine Kühe mehr zu haben, eröffnet aber auch neue Chancen, und was hilft besser über den Verlust hinweg zu kommen, als gleich neue Projekte zu planen? Ein grosser Teil der Weiden wird natürlich wieder aufgeforstet. Wir werden auch vermehrt Bambus pflanzen, aber nur in der Nähe der Strasse. Michi hat aber noch ein ganz anderes Projekt im Kopf, das er aber zuerst fertig denken und planen muss, und dann ist da noch die Frage der Finanzierung. Mal sehen, er wird sicher wieder etwas bauen, denn damit hat er schon begonnen, aber man könnte das Ganze noch ausbauen, umso touristisch attraktiv zu werden. Dazu aber mehr, wenn es dann soweit ist. Jetzt haben wir erst einmal damit begonnen die Zäune abzubauen. Beim ursprünglichen Bau der Zäune wurde nicht gerade wenig Stacheldraht verwendet. Eines ist klar, es wird uns sicher nicht langweilig werden ohne die Kühe.

Beginn neues Projekt
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Swissness im Regenwald

Als Michael in der Schweiz war hat er eine Kuhschelle im Keller seiner Eltern entdeckt. Gleich kam ihm die Idee, daraus eine Hausklingel zu machen – wir hatten bis jetzt einen grossen Triangel. Leider haben das nicht alle Leute verstanden und mit dem Metallstab überall anders drauf gehauen als auf den Triangel. Britta, die Lehrerin der Sommerschule, hat uns dann die Kuhschelle aus der Schweiz mitgebracht. Michael hatte nämlich keinen Platz mehr in seinem Gepäck. Nun hängt die Schelle am Eingangstor. Wir hatten eine kleinere Diskussion, ob es denn eine Glocke oder Schelle ist. Eine Glocke ist gegossen und hat einen Widerhall im Klang. Eine Schelle wird aus einem Blech geformt und vernietet oder verschweisst. Ob Glocke oder Schelle hat nichts mit der Grösse zu tun, aber es ist natürlich auch umgangssprachlich je nach Region und Dialekt unterschiedlich. Es war ja auch der Schellenursli und nicht der Glockenursli. Michis Vater Hans ahnte 1979, als er das Winterschiessen gewonnen hatte und diese Schelle bekam, noch nichts davon, dass die mal im Regenwald von Ecuador als Hausklingel enden würde. 

Schelle mit eigenem Dach

Michi hatte aber noch was ganz anderes im Gepäck als er aus der Schweiz nach Hause kam. Er brachte 10 Bruteier vom Schweizerhuhn (alte ProSpecieRara Rasse) mit. Ob das legal war, wissen wir nicht – sie wurden aber auch nicht beschlagnahmt. Neun Eier kamen heil im Regenwald an. Walravens, unsere Nachbarn, haben eine Brutmaschine für ihre Geflügelzucht. Sie haben für uns freundlicherweise die Eier bebrütet. Trotz aller Ungläubigkeit von vielen Personen waren sechs Eier befruchtet und vier Küken sind dann auch geschlüpft. Leider ist eines noch am gleichen Tag gestorben. Nun rennen drei kleine Schweizerhühner bei uns im Garten rum. Es sind eine Henne und zwei Hähne. Für den überschüssigen Hahn haben wir schon einen Platz. Wir werden ihn unseren Nachbarn für die Blutauffrischung in der Geflügelzucht geben. 

Sina, Büne und Kuno

Wir haben begonnen eine zweite Lagerhalle für das Trocknen von Bambus zu bauen. Da wir immer mehr Erfahrung haben mit dem Bauen mit Bambus, kamen wir sehr schnell voran. Nach nur zwei Tagen war das Dach schon montiert und wir konnten bereits im Trockenen bzw. im Schatten arbeiten. Auch dieses Mal haben wir einen jungen Mann mitarbeiten lassen. So können wir immer mehr Personen im Bau von Bambus schulen. Bei der Trocknungshalle handelt es sich um eine einfache Bauweise, mit Verstrebungen wird sie gegen den Wind gestützt. Die Regale in der Halle, müssen aber sehr genau gearbeitet werden. Jedes Fach muss über drei Tonnen Bambus tragen können. Sie ist für 180 Stangen Bambus Gigante oder für 300 Stangen Bambus (Guadua) à je 6 Meter konzipiert. Bevor wir sie aber in Betrieb nehmen können, müssen wir noch den Boden zementieren. Das bedeutet Steine schleppen. Da haben wir gerade ein kleines Problem, denn uns fehlen die Steine und sie im Fluss zu holen ist sehr zeit- aber vor allem kostenintensiv. Da wir keine Eile haben zögern wir es noch etwas raus und warten bis die Strasse repariert wird. Da werden wir im gleichen Arbeitsaufwand einige Steine kaufen können, sie werden dann geliefert und mit dem Bagger hingelegt. Das wird hoffentlich in ca. zwei bis vier Wochen der Fall sein.

Als Britta einmal nach ihrer Joggingtour zurück kam fragte sie Michi ob er mit der Zahl 127 was anfangen könne. Es war die Anzahl PET-Flaschen die sie am Strassenrand im Wald von Selva Viva gezählt hatte. Ok dachten wir uns, da muss etwas geschehen. Deshalb organisierten wir einen «Clean Up Day» (Strassenreinigung) mit allen Partnerprojekten von Selva Viva um wieder einen sauberen Wald zu haben. Wir teilten unser Vorhaben der jeweiligen Geschäftsstelle von Selva Viva, amaZOOnico, Liana Loge und der Gemeinschaft 27 de Febrero mit. Die Finca Don Sigifredo übernahm dabei die Koordination von allen Helfern und spendierte die Verpflegung. Am letzten Freitag war es soweit und wir legten los mit dem «Wald putzen». Insgesamt waren 15 Personen gekommen, die nun gemeinsam die 4.5 Kilometer lange Strasse durch den Schutzwald reinigten.

Müllsammeltruppe

Bereits nach drei Stunden hatten wir es geschafft. Es türmten sich am Ende 6 Säcke mit PET-Flaschen, 5 Säcke mit Müll und ein halber Sack mit Metall. Die PET-Flaschen und das Metall geben wir zum Recyceln und der Rest nahm die Mühlabfuhr mit.

Jede Menge Müll wurde eingesammelt

Die Idee war aber auch, dass ein ungezwungener Austausch in lockerer Atmosphäre unter den einzelnen Projekten stattfinden könnte. Das war aber leider nur bedingt möglich. Einige Geschäftsführer haben ihre Abwesenheit entschuldigt und trotzdem Volontäre aus ihrem Projekt geschickt. Andere haben sicherlich in guter Absicht irgendwelche Personen geschickt, die nichts mit den Projekten zu tun haben. Und wieder andere sind gar nicht erst erschienen. So konnte nur bedingt ein Austausch beim Waldspaziergang und dem anschliessenden Essen stattfinden. Das war sehr schade, aber es war trotzdem ein gelungener Tag für die Umwelt. Der neue Geschäftsführer von Selva Viva, Lester Espin, der selbst mithalf hat sich bei allen beteiligten herzlichst für ihre Mithilfe bedankt. Bei allen Helfern kam die Aktion gut an. Wir freuen uns schon jetzt darauf, dieses tolle Event zu wiederholen! Dann werden wir versuchen alle Geschäftsführer zu motivieren, selbst mitzuhelfen. Unser Ziel ist es, beim gemeinsamen Müllsammeln einen lockeren und informellen Austausch zwischen den Partnerprojekten auf Leitungsebene zu schaffen.

Pause beim Waldhüterhaus «Casa Blanca»
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Sommerschule

Blogbeitrag von Britta Scheunemann

2022 hat es mich zum ersten Mal nach Puerto Barantilla verschlagen, wo ich während drei Monaten in dem kleinen Schulhäuschen neben dem Haupthaus der Finca Don Sigifredo einzelne Klassen unterrichtet und an zwei Tagen in der staatlichen Zwerg- und Mehrklassenschule flussabwärts ausgeholfen habe. Der Lernstand nach über zwei Jahren Schulschliessung wegen Covid und indigenen Unruhen im Land war katastrophal… Als ich dann wieder in die Schweiz aufgebrochen bin, da hatte ich ein Stück meines Herzens hier im Dschungel gelassen und das Gefühl, wiederkommen zu müssen, um nicht eine dieser Freiwilligen zu sein, die mit Menschen arbeiten, ein paar nette Selfies machen und dann wieder in den Wohlstand abreisen. So entstand die Idee der Sommerschule in Puerto Barantilla und 2023 war ich im Juli erneut in Ecuador, um zu sehen, wie diese Idee wohl ankommt. Sie kam gut an, die Kinder fragten, wann sie kommen dürften, die Eltern waren dankbar und ich hatte riesige Freude, auch wenn das Ganze als One-Woman-Show doch auch recht anstrengend war. Aber es stand ausser Frage, dass ich wiederkommen würde, und so haben wir in diesem Jahr mit dem zweiten Sommercamp gestartet. An Spitzentagen waren bis zu 13 Kinder vor Ort und das Schulhäuschen ist aus allen Nähten geplatzt, die Stühle reichten kaum aus und das Essen mussten wir auch strecken, denn (machen wir uns nichts vor), die Tatsache, dass es ein Frühstück mit Haferbrei und Obst gibt und wir auch gemeinsam Mittag essen, ist zweifelsohne ein gewisser Attraktivitätspunkt.

Ein Tag im Leben der Maestra (d.h. Lehrerin auf Spanisch) sieht in der Regel wie folgt aus: Aufstehen gegen 6 Uhr, wenn Hector und Yuma laut an ihren Hundeschüsseln klappern, einen Tee im Hängestuhl trinken – ebenso wie Michi und Joëlle einen Kaffee vor ihrem Haus – und den Blick und die Geräusche des Dschungels geniessen. Die Tische vorbereiten und mit Material bestücken, um 7.25 Uhr Aufbruch, um die Kinder abzuholen, die mit einem Extraboot alle eingesammelt werden und bereits am Ufer beginnen, die Köpfe zu zählen, um blitzschnell die Essensplanung anzupassen und zu überlegen, wie viele Kopien denn noch fehlen. Vor dem Eingangstor der Finca Don Sigifredo werden die Kinder dann recht still und halten sich eng hinter mir – Hector und Yuma haben einen Ruf, auch wenn sie sich gut an die Kids und mich gewöhnt haben. Erster Halt dann am Waschbecken zum Händewaschen, denn ganz oft beginnt unsere erste Aktivität mit dem Einsammeln von Müll am Wegesrand, den wir dann auf dem Müllgestell abstellen, das Michi 2022 für uns gebaut hat und das ich mit den Kindern bemalt habe. Der Müll muss ja erhöht liegen, damit nicht irgendwelche Tiere alles verteilen.

Die Schuhe bleiben vor der Tür und dann ist Schulstart mit dem Morning Song und einer Doppellektion Englisch. Am Ende der Lektion darf das Tablet (ich habe mittlerweile 11 ausrangierte Tablets meiner eigenen Schule mitnehmen können) mit der Lernapp Anton benutzt werden, wo die passenden Übungen zum Gelernten zu finden sind – so enden übrigens auch die Lektionen in Mathematik und Sprache. Dann kommt das erste Highlight: das Frühstück, bestehend aus Porridge mit Früchten. Manchmal gibt es auch einen selbstgebackenen Zopf! Alle Kinder wollen immer Früchte schneiden und lutschen dabei hingebungsvoll an Ananasresten oder Erdbeerstrünken herum. Wir essen vor dem Schulhäuschen, dann wird noch ein bisschen gespielt, bevor es mit Mathematik weitergeht. Das Niveau liegt um Jahre hinter dem unseren. Ich habe den Eindruck, dass das Dezimalsystem irgendwie mit dem Kichwauniversum nicht ganz kompatibel ist und auch die Zahl 0 bereitet grosse Mühe. Hinzu kommt, dass das ecuadorianische Schulsystem auf Abschreiben basiert: gemeinsames Arbeiten, Lückenaufgaben, Textaufgaben, kurz, alles, was mit Transfer und Vernetzungen zu tun hat ist nur schwach ausgeprägt bis gar nicht vorhanden.

Nach 40 Minuten Mathematik rauchen allen die Köpfe dermassen, dass wir erneut eine kurze Pause machen, bevor es mit Sprache weitergeht. Rechtschreibeübungen, Reime, Wortarten und Sätze waren in diesem Jahr unser Thema. Und auch hier begrenzt die Welt den Wortschatz: so wusste beispielsweise niemand, was ein Vikuña ist – das lebt zwar in den Anden Ecuadors, aber wir befinden uns halt in der Amazonía. Auch die Viper oder der Flamingo waren ausserhalb der Wissens- und Vorstellungswelt ebenso wie die Kontinente und damit war ebenfalls das Wort bzw. der damit verknüpfte Inhalt unbekannt. Aber immer wieder gab es auch Überraschungen wie diesen Vers einer Schülerin der Sommerschule – wir hatten tatsächlich eine Dichterin unter uns:

La noche tiene una gran cuna
Plateada y serena: es la luna.

Zum Abschluss des Vormittags standen dann Bastelarbeiten mit den Jüngeren und niederschwellige physikalische Experimente mit den etwas Grösseren auf dem Plan. Zum Glück gibt es das Internet mit vielen Ideen, meine eigene Kreativität ist da eher beschränkt und auch die Naturwissenschaften gehören nicht unbedingt zu meinen Kernkompetenzen.

Und dann wurde gekocht – vieles gemeinsam mit den Kindern, einiges habe ich aber jeweils am Vortag vorbereitet. Dank Joëlles Licuadora (Mixer) konnten wir auch oft frische Säfte zubereiten. Da immer alle helfen wollen, war es jedoch mitunter etwas schwierig sämtliche Jöbli gerecht zu verteilen. Beim Kochen haben wir natürlich die Lebensmittelpyramide bearbeitet und Rechnen geübt, denn es muss ja immer gewogen und gemessen werden. Aber das Pizzablech gerecht auf 6 Personen aufzuteilen hat mathematisch so gut wie nie geklappt, denn dazu muss natürlich gemessen und richtig dividiert werden. Auch die Küchenwaage war den meisten ein Rätsel und viele Kinder hatten bereits Mühe, die Zahlen auf der Anzeige zu entziffern – die Vorstellung von Gramm und Kilogramm ist ebenfalls fast inexistent. Grösstes Mysterium war jedoch zunächst der Messbecher, aber mittlerweile haben die meisten gelernt, dass dort Milliliter bzw. Liter und Gramm angezeigt werden und man tunlichst auf die Abkürzungen ml und g achten soll. Gegessen wurde wieder draussen am grossen Tisch, aber erst wenn alle sassen und jeder etwas auf seinem Teller hatte: dann haben wir uns die Hände gereicht und laut «Buen provecho» oder «Enjoy your meal» gerufen – seltsame Gringositten halt 😊.

Viele Kinder haben dort zum ersten Mal unbekannte Dinge gegessen (Brokkoli, Blumenkohl, Tortilla española, Gemüsegratin) und normalerweise blieb nie etwas übrig. Wenn jemand etwas nicht mochte, dann fanden sich sofort Abnehmer*innen und die Reste musste ich immer sehr gerecht verteilen. Einige Kinder haben auch nach einer Tüte gefragt; sie haben oftmals nicht aufgegessen, um etwas für ihre Familie mitzunehmen. Mittlerweile weiss ich, wo es besonders knapp ist und kann dann auch gezielter die Reste mitgeben. Danach wurde abgewaschen, Zähne geputzt, der Besen geschwungen und alle wieder zum Boot gebracht, das so gegen 13.15 Uhr abfuhr.

Danach galt es für mich nachzubereiten, zu dokumentieren und den nächsten Tag vorzubereiten, einmal durchzuwischen und das Bad zu putzen. Besonders gefordert haben mich die Bastelarbeiten, da ich alles zunächst selbst ausprobieren musste, ebenso wie die Experimente. An dem Vulkan aus Backpulver und Essig bin ich beispielsweise immer gescheitert: das liegt entweder an der Luftfeuchtigkeit oder dem ecuadorianischen Essig und wird mir wohl auf ewig ein Rätsel bleiben.

Manchmal war auch die Wäsche dran – Joëlles und Michis neue Waschmaschine kann sogar Wasser aufheizen und die im Display angezeigte Zeit stimmt haargenau!

Oft bin ich gegen 17 Uhr dann noch eine Runde joggen gegangen – ist etwas abenteuerlich auf der elenden Schotterpiste, aber was soll’s, irgendwann kannten alle die rennende gringa loca (verrückte Ausländerin) riefen mir «hola maestra» zu oder boten mir eine Mitfahrgelegenheit an. Manchmal ging es auch als Abendspaziergang mit einer grossen Tasche über die Kuhweiden bzw. Joëlles neuen Weg zu meinem Lieblingszitronenbaum, um mich für die Woche mit Zitronen einzudecken – ich trinke hier im Dschungel Unmengen an Zitronenlimonade und auch die Kinder haben sie ebenfalls gern, sofern genügende Zuckermengen drin sind… Die Dämmerung war dann immer ein besonders schöner Moment: im Hängestuhl sitzen, lesen und den Geräuschen zuzuhören. Und dann war ich meistens auch schon so müde, dass ich gegen 20 Uhr geschafft ins Bett gefallen bin. So viel wie hier in Puerto Barantilla schlafe ich sonst nie. In diesem Jahr habe ich allerdings zum ersten Mal ein Mückennetz gebraucht, da es bedeutend feuchter ist als bei meinen letzten Aufenthalten und nachts so einiges an Getier um mich herumflog. Einmal waren sogar zwei Fledermäuse zu Besuch in meinem Schlafzimmer im oberen Stock des Schulhäuschens.

Fazit: Auch die zweite Sommerschule und mein dritter Aufenthalt sind sehr positiv aufgenommen worden. Ich beginne immer besser durch die hiesigen Strukturen durchzuschauen und viele Menschen kennen mich. Mittlerweile werde ich auch nicht mehr gefragt, ob ich wiederkomme, sondern wann…

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Regenzeit

Was in Europa die vier Jahreszeiten sind, sind bei uns die Regen- und Trockenzeit und was halt so dazwischen liegt. Seit Mitte April befinden wir uns in der Regenzeit. Wer jetzt denkt, dass es bei uns den ganzen Tag regnet, der irrt sich. Wir haben in etwa gleich viele Sonnen- wie Regenstunden. Die Intensität des Regens nimmt einfach stärker zu und er ist anhaltender. Dieses Jahr ist die Trockenzeit ohne Vorwarnung direkt in die Regenzeit übergegangen. Der Monat Mai war ein Rekordmonat, was die Regenmenge betrifft. Bei uns fielen über 730 mm Niederschlag. So viel hatten wir bis dahin noch nie gemessen. Das gute ist ja, dass das Wasser bei uns schnell abfliesst und so keine grösseren Überschwemmungen verursacht werden. Die Böden sind aber mittlerweile sehr gut getränkt und fangen an zu rutschen, so gibt es einige kleine aber auch grössere Erdrutsche.

Leider betrifft dies auch unsere Weiden. In den «Voranden» hat es in den letzten Wochen so stark geregnet, dass es zu vielen Erdruschen kam und zeitweise alle Strassen nach Tena verschüttet waren. Mittlerweile ist die Strasse nach Quito wieder offen, aber nur während des Tages, in der Nacht wird sie aus Sicherheitsgründen gesperrt.  Die Strasse nach Baños war ebenfalls für mehrere Tage unpassierbar und das hatte zur Folge, dass auch unser Gemüsehändler nicht durchkam. Macht nichts – wir hatten noch Reserven und wer braucht denn schon immer frischen Salat? Solch ergiebige Niederschläge in den «Voranden» haben bei uns zur Folge, dass der Fluss Arajuno innert einer Stunde rund drei bis vier Meter ansteigt, obwohl bei uns die Sonne scheint. Für die Leute mit Kanu ist es immer wieder eine Herausforderung, den Fluss gut im Auge zu behalten. Denn sonst kann es sein, dass das Kanu versinkt oder, noch schlimmer, es vom Treibholz mitgerissen wird. Die ansässige Bevölkerung (bei uns) wartet noch auf das grosse Finale der Regenzeit, das normalerweise mit der Überschwemmung der Insel Anaconda endet. Dabei steigen die Flüsse Napo und Arajuno über vier Meter an, vereinigen sich und werden drei Kilometer breit. So ein Ende gab es letztmals im Jahr 2019. Wer weiss, vielleicht hat der Klimawandel auch dieses Phänomen sterben lassen.

Der Regen kommt

Wir haben bereits über die fleissigen Blattschneiderameisen berichtet. Was wir da nicht erwähnt hatten, ist dass es verschiedene Arten gibt. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die eine Art im Boden drin riesige Bauten errichtet und man sie sehr leicht loswerden kann, in dem man ihren Pilz «vergiftet». Es gibt aber auch Blattschneiderameisen, die ihre Bauten über der Erde errichten. Sie suchen etwas höher gelegene Stellen, bevorzugt an Sträuchern oder an Grasbüscheln. Geschütz vom Regen beginnen sie einen Hügel zu bauen der nur aus geschnittenen Blättern besteht.

Fleissige Blattschneiderameisen

Darin lassen sie einen Pilz gedeihen, von dem sie sich dann ernähren. Unter dem Pilz liegen die Brutkammern für ihre Eier. Der Pilz sorgt nämlich auch gleich für ein konstantes Klima innerhalb des Baus. Wir haben gleich mehrere Bauten rund ums Haus entdeckt. Diese Art ist besonders gefrässig, da sie ihren Bau immer wieder aufs Neue decken müssen, um Wassereinbruch zu verhindern. Sie sind richtige Architekten, was das anbelangt. Aber sie sind auch richtige Gourmets, sie lieben vor allem unseren Hibiskus und unseren Kräutergarten. Der Oregano wurde innert einer Nacht zerkleinert und davongetragen. Um sie loszuwerden, muss man erst einmal ihre Bauten finden. Wie gesagt, sie sind oft gut versteckt und die Ameisen sind nachtaktiv. Den Pilz zu vergiften ist nicht möglich, da unsere Hühner die dazu ausgestreuten Haferflocken gleich selberfressen würden. Insektengift ist für uns keine Option. Wen man den Bau mechanisch zerstört, bauen sie ihn einfach wieder auf und bebrüten die unversehrten Eier weiter bis sie wieder eine Königin haben. Ja, die sind Stammestreu. Es bleibt uns nur eine Weise sie loszuwerden und das ist mit Feuer.

Es war ja klar, dass wenn Michi in die Ferien geht unsere Kühe auf sehr dumme Gedanken kommen. Nicht nur dass sie den Zaun durchbrechen und das Gras auf der andern Strassenseite Fressen wollen, denn da ist es ja bekannterweise grüner und viel besser. Nein, sie randalieren richtiggehend. Tatiana hat es dabei etwas übertrieben. Sie ist sogar in unser Bambusbecken gefallen. Das heisst wir sind uns nicht sicher, ob sie eine Unterwassertherapie wollte oder es ein Versuch war sich selbst zu Pökelfleisch zu machen. Wir werden es nicht erfahren. Als sie in das Becken fiel, hat es so laut platsch gemacht, dass die Leute an der Strasse schauen gegangen sind was da los war und so konnten sie Joëlle schnell informieren.

Tatiana im Becken

Es war Samstag und César arbeitete nicht, so rief Joëlle unsere niederländischen Nachbarn an die zum Glück gleich zur Hilfe eilten. Auch César und seine Söhne, die nicht weit entfernt in ihrer Yukaplantage arbeiteten, kamen schnell zur Hilfe. Das Becken ist zwischen 170 cm und 185 cm tief und somit kommt die Kuh da nicht mehr alleine raus. Joëlle hat auch alle Gaffer um Hilfe gebeten, die dann aktiv mitanpackten Tatiana aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Es eilte natürlich auch, denn sie durfte auf keinen Fall zu viel Salzwasser schlucken und das stand ihr im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals. Andre und Dennis haben den Grund des Beckens mit Autoreifen gefüllt, so konnte Tatiana auch fast schon selber raussteigen, aber eben nur fast.

Tatiana kann leider nicht selber raussteigen

Sie musste doch noch stark angehoben werden und unsere Tatiana ist nicht gerade ein Leichtgewicht. Im Nachhinein kann man das Ganze tatsächlich mit etwas Humor nehmen, aber in der Situation selbst möchte man mit einer so dummen Kuh direkt zum Metzger fahren.

Tatiana hat einige Schrammen und ist müde, aber wohl auf

Ihr geht es gut und alle Helfer haben ein verdientes Bier bekommen. Michi ist ja jetzt zurück und die Kühe weiden wieder ruhig und glücklich auf der Weide. Das Bambusbecken mussten wir leider komplett abpumpen da sich Tatiana natürlich darin mehrmals versäuberte und es somit mehr einer Güllengrube als einem Immunisierungsbecken glich.

Die Helfer beim wohlverdienten Bier
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Vampire auf dem Vormarsch

Was sich anhört wie in einem Gruselfilm, ist leider bei uns gerade ein grosses Thema. Die Gemeine Vampirfledermaus (Desmodus rotundus) ist auf dem Vormarsch und verbreitet sich schnell. Vampirfledermäuse ernähren sich ausschliesslich von Blut. Sie bevorzugen grössere Säugetiere aber auch ab und zu Vögel als Nahrungsquelle. Sie sind nachtaktiv und fliegen nahe an ihre Futterquelle heran, worauf sie sich dann lautlos an ihr Opfer anschleichen.

Foto: iNaturalist Ecuador

Mit ihren messerscharfen Vorderzähnen machen sie einen kleinen Schnitt. Sie bevorzugen Stellen die gut durchblutet sind wie z.B. hinter dem Ohr, am Nacken, an den Fussfesseln oder am Schwanzansatz. Die betroffenen Tiere spüren oft nichts da es ein ganz kleiner Schnitt ist. Die Fledermaus speichelt nun in die Wunde. Ihr Speichel verzögert die Blutgerinnung und so läuft das Blut raus und sie kann es auflecken. Da die Blutgerinnung erst nach etwa fünf Stunden einsetzt, kann die Fledermaus dasselbe Tier mehrmals pro Nacht anfliegen und ihren Hunger stillen.

Fledermausbiss

Leider übertragen Fledermäuse auch Krankheiten und vor allem die Vampire die Tollwut. Da sie sich gerne an Nutztieren bedienen und es diese vermehrt gibt, hat sich ihr Bestand vervielfacht. Leider hat sich aber dadurch auch die Tollwut verbreitet. Vor zwei Monaten gab es Tollwutfälle etwa 20 km von uns entfernt. Das Veterinäramt hat gleich eine grossangelegte Kampagne zur Tollwutimpfung durchgeführt, und zwar bei allen Haus- und Nutztieren. Früher wurden sogar Fallen aufgestellt, um so die Vampirfledermäuse einzufangen und den Bestand klein zu halten. Mit Corona musste Ecuador sparen und so hat man auch das abgeschafft. Das ist der Grund, weshalb es jetzt wieder viel mehr Vampirfledermäuse gibt. Wir haben angefangen die gebissenen Kühe mit einem speziellen Gift gegen die Vampire zu behandeln, um den Bestand bei uns und in der Region klein zu halten.

Da Joëlle wegen ihrer Arbeit nun noch mehr im Büro sein muss hat sie sich einen Waldweg in der Nähe des Hauses gewünscht, um vor dem Eindunkeln jeweils einen Spaziergang im Wald machen zu können. Michi hat sich den Kopf zerbrochen, wo das am einfachsten umsetzbar wäre. Er hatte die zündende Idee auf der dem Weg zum Einkaufen. Kaum zu Hause musste er natürlich gleich schauen gehen, ob das denn überhaupt möglich sei. Ja, das war es. César und er haben dann auch gleich begonnen einen alten, zugewucherten Weg wieder frei zu schlagen. Der führt aber aus unserem Grundstück heraus uns so mussten sie eine Treppe bauen, die auf den Hügel hinter dem Haus führt. Von da aus hat man eine traumhafte Aussicht über den Fluss Arajuno und unsere Farm.

Ausblick vom Aussichtspunkt

Nun führt der Weg ein kleines Stück über eine Weide und von da wieder zurück in den Wald. Michael wollte natürlich nicht nur einfach so einen Weg bauen, er hat ein Konzept für einen Lehrpfad ausgearbeitet. César und er pflanzten natürlich einige Bäume, welche die Artenvielfalt erhöhen. An Joëlles Geburtstag war der Weg zwar noch nicht ganz fertig, aber sie konnte ihn bereits begehen. Der Pflanzenlehrpfad ist fertig bepflanzt und muss nun einwachsen.

Der Weg beginnt hinter dem Haus und führt über die Weide, vorbei an zehn verschiedenen einheimischen Nutzbäumen, in den Wald. Entlang des Weges haben wir viele verschiedene Bäume gepflanzt bei denen wir nun beobachten können, wie sie wachsen. Am Ende des Weges kommt man bei unserem Fischteich vorbei, wo man auf der Bank dann auch noch etwas verweilen kann. Eine Runde dauert etwa 30 Minuten kann aber auch bis zu zwei Stunden dauern, denn wir entdecken immer wieder was Neues oder vergessen die Zeit beim Beobachten des grossen Blattschneidernests. Joëlle ist glücklich über den Weg und Michi hat sich auch schon ein Weihnachtsgeschenk ausgedacht: eine Sitzbank auf dem Aussichtspunkt. Dafür hat er ja zum Glück noch etwas Zeit.

César mit Jungbaum

Das Wetter spielt auch bei uns verrückt. Kolumbien wie auch Ecuador haben ein Wasserproblem. Bei uns im Amazonasbecken hat es genügend Wasser, aber in den Anden fehlt der Regen und deshalb sind die Stauseen fast leer. Das bedeutet Wasser sparen, denn ohne Wasser kein Strom und so muss erneut Strom bzw. Wasser gespart werden. Ecuador produziert 90 Prozent der Elektrizität mit Wasserkraftwerken. Wir haben schon mal darüber berichtet. Nur dieses Mal ist die Lage viel schlimmer und wir müssen geplant und sehr gezielt arbeiten und einkaufen gehen, ohne Strom gibt es kein Benzin in Tena. Letztes Mal dauerten die Stromausfälle jeweils zwei bis drei Stunden. Jetzt sind es fünf bis sieben Stunden. Wenn wir Glück haben sind es einige Stunden in der Nacht und wenn wir Pech haben ist es von morgens 8.00 Uhr bis nachmittags um 15.00 Uhr. Um das Kind beim Namen zu nennen: das ist dann so richtig scheisse. Wann der Strom abgestellt werden wird, erfährt man immer erst am Vortag und selbst das ist dann auch nicht sicher. Zum Glück haben wir einen Generator. Michi hat ein zweites (Notfall)Stromnetz im Haus installiert. So können wir zumindest die Kühlschränke und das Büro von Joëlle mit Elektrizität versorgen. Alles Andere muss warten bis wieder Strom fliesst. Wir warten sehnsüchtig auf die beginnende Regenzeit und hoffen, dass die Anden viel Wasser abbekommen und so die Stauseen gefüllt werden.

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Des einen Freud, des andern Leid

Wir haben mit der Kakaoernte begonnen. Da der Preis für Kakaobohnen so stark gestiegen ist redet man umso mehr von der goldenen Bohne bzw. vom Goldnugget (Pepa de Oro). Wie schon in vorangegangenen Beiträgen erwähnt, ist der Preis wegen des Ernteausfalls in Afrika in die Höhe geschnellt. Ecuador ist nach Afrika der zweitgrösste Produzent von Kakao und profitiert nun in vielerlei Hinsicht. Die Preise haben sich verdoppelt oder sogar verdreifacht, das kommt auf den Einkäufer und die Qualität an. Wir haben uns entschieden etwas früher als normal mit der Ernte zu beginnen.

Viele Früchte sind noch nicht reif, wir werden mehrmals ernten und das in kürzeren Abständen als bisher. Der Diebstahl von Kakaofrüchten hat drastisch zugenommen. Einzelne Bauern verbringen sogar die Nächte auf ihren Plangagen und Grossproduzenten stellen Sicherheitspersonal ein, um ihre Plantagen zu schützen. Die erste Ernte fiel bei uns sehr gut aus. Der Verjüngungsschnitt bei den Bäumen trägt nun im wahrsten Sinn des Wortes Früchte, und das gerade rechtzeitig. Auch der Pilz- und Insektenbefall war wenig, er belief sich nur auf ca. fünf Prozent. So wenig war es bei uns noch nie. Im Jahr zuvor waren es etwa zwanzig Prozent. Ein sehr positiver Effekt ist auch, dass die Leute wieder Kakao anpflanzen. Es werden Balsaplantagen geerntet und direkt Kakao gepflanzt. Die Preise für Balsaholz sind seit zwei Jahren im Keller und werden sich voraussichtlich nicht wieder erholen. Balsa lohnt sich nur, wenn man beim Landwirtschaftsministerium als Agroforstbetrieb registriert ist. Bei nicht registrierten Betrieben werden die Einkaufspreise gedrückt, um dann mit der Differenz das Holz zu legalisieren. Kakao braucht keine Lizenz, jeder darf seine Produktion legal verkaufen. Einzelne Gemeinden haben sogar die Goldwäscher rausgeschmissen, um Kakao zu pflanzen. Sie haben gemerkt, dass man mit Kakao langfristig mehr Geld verdienen kann. Sie haben auch gesehen, welche Zerstörung illegaler Goldabbau verursacht und dass für sehr lange Zeit nichts mehr wächst.

Michi hat bei unserem Bambuslager den Boden zementieren lassen. Uns war schon länger aufgefallen, dass in der Regenzeit der Naturboden Wasser zog und so das Trocknen und das Lagern immer etwas umständlicher wurde. Wir haben uns daher entschieden, diese Investition zu tätigen um eine schnellere Trocknung zu erreichen. Wir bestellten 24 m3 Steine, 24 m3 Sand und 100 Sack Zement.

Zuerst mussten die Steine schön gelegt werden, so dass auch das Gefälle stimmte. Zum Verkeilen kam eine Schicht Sand darauf und zum Schluss der Zement. Hört sich einfach an, muss aber alles von Hand gemacht werden.

Wie schon mehrmals geschrieben hat Michi von Zement keine Ahnung. Auch dieses Mal staunte er nicht schlecht über die angewandten Methoden. Er half einfach mit und war doch auch froh, wenn er vom Steine schleppen weg musste, um andere Arbeiten zu erledigen. Ja, auch er wird nicht jünger. Innert drei Tagen waren die Steine drin und weitere drei Tage später war der Zement drauf.

Wir staunen immer wieder, dass die Leute mit einfachsten Mitteln so ein gutes Ergebnis hinbekommen. Zum Abschluss und Übergabe des Auftrags gab es für Alle ein wohl verdientes Bier. Nach dem ersten Regen hatten wir dann auch die Bestätigung, dass gut gearbeitet wurde. Der Boden blieb trocken und das Spritzwasser ist gut abgelaufen.

Vor einigen Tagen wurden wir zu einem Bambusworkshop in Tena eingeladen. INBAR wollte gemeinsam mit Produzenten, Verarbeitern und Architekten besprechen, wie man den Bambus fördern kann und auf was man achten muss um einen einheitlichen Preis festlegen zu können. Vertreten waren dann auch Pflanzenschulen, die sich auf die Nachzucht von Bambus spezialisiert haben, Plantagenbesitzer, Verarbeiter, Veredler und Architekten. Zu unserem Erstaunen war sogar die Ministerin für Landwirtschaft mit ihrem Sekretär anwesend.

Alle waren sich einig, dass Bambus ein sehr grosses Potenzial hat und in dieser Region dringend gefördert werden sollte. Wir stellten aber auch fest, dass die Legalisierung von Bambus bereits beim Produzenten sehr schwer ist, wenn nicht sogar teilweise unmöglich. Wir wissen, dass wir uns auch in einer Grauzone befinden. Wir dürften eigentlich nur Bambus einkaufen bei Bauern, die registriert sind. Das ist aber in vielen Fällen nicht möglich, da sie keinen «legalen» Anspruch auf ihr Land haben. Wir sind tatsächlich registriert, aber eben als Produzent des Primärprodukts. So kaufen wir Bambus ein und deklarieren ihn als unseren eigenen. Ist nicht legal, aber so von der Ministerin empfohlen und geduldet. Unser nächster Schritt wird sein, eine Lizenz für die Veredlung und Verarbeitung von Bambus zu beantragen. Das würde uns sehr vieles einfacher machen. Das aber bedeutet wiederum, dass wir den Nachweis liefern müssen bei wem wir den Bambus einkaufen. Alle im Workshop waren sich einig, dass die Regierung den Ablauf vereinfachen muss. Nur hat Ecuador im Moment viel grössere Probleme als das Geschäft mit Bambus und so werden wir uns alle bis auf weiteres in der Grauzone bewegen müssen.

Dank des Workshops haben wir jetzt die Telefonnummer des Sekretärs und der Ministerin, die beide versprochen haben uns zu helfen falls wir Probleme mit anderen Behörden bekommen sollten. Das ist beruhigend, denn man beachte: Die Pflanzenschule muss sich beim Forstministerium anmelden, der Produzent beim Umweltministerium und der Veredler beim Landwirtschaftsministerium. Ja, da verliert man schnell den Überblick. Der Workshop war für uns sehr interessant und wir konnten neue Geschäftsbeziehungen knüpfen. Am interessantesten für uns ist, dass die Nachbargemeinde sich als Produzent registrieren lassen wird. So könnten wir tatsächlich legal einkaufen. Wie immer wird das aber noch ein laaanges Weilchen dauern und bis dahin verbleiben wir in der Grauzone. Wer weiss, vielleicht schaffen wir es und werden tatsächlich die ersten Bambusveredler der Provinz Napo die ihre Ware legal erwirbt und somit auch nachverfolgbar verkaufen darf.

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Orchideen, Bromelien und mehr

Wenn man bei uns durch den Wald geht, sieht man sehr selten Blumen. Die meisten Bäume blühen in der Baumkrone, es gibt nur wenige Stammblütler im Regenwald. Die meisten Orchideen, Bromelien, Baumfarne, Baumkakteen usw. sind nicht sichtbar, da sie ganz oben in den Ästen sitzen. Dort oben entsteht immer eine ganz eigene Welt. Man bekommt sie nur zu Gesicht, wenn ein Urwaldriese unter der Last seiner Parasiten/Aufsitzer zusammenbricht. Wann immer Michi durch den Wald geht und so einen abgebrochenen Ast findet, schaut er genauer hin. Er hat begonnen die einzelnen Pflanzen zu sammeln und bringt sie mit nach Hause.

Wir haben einen Schwemmholzstamm, Mahagoni der von Michi am Fluss gefunden wurde, in den Garten gestellt. Michi bindet dort alle gesammelten Pflanzen auf und schafft so eine eigene, sichtbare Mikrowelt.

Mittlerweile ist der Stamm von unzähligen verschieden Aufsitzerpflanzen bewachsen, so dass sich auch verschiedene Tiere darin niedergelassen haben. Wir entdeckten zwei Froscharten, die in den Bromelien ein Zuhause gefunden haben. Die vielen Insekten ziehen natürlich auch Reptilien an. So haben wir bereits Anolis und auch Geckos gesichtet. Wir staunen jeden Tag aufs Neue, was da alles blüht und lebt.

Die Samenzeit ist in vollem Gange. Michi sammelt natürlich nicht nur Orchideen, nein wann immer er oder César im Wald unterwegs sind, halten sie ausschau nach Samen von Bäumen. Wir bekommen auch viele Samen von den Waldhütern von Selva Viva, denen es ebenfalls ein grosses Anliegen ist, die Artenvielfalt zu erhalten. Es gibt sehr viele verschiedene Baumarten im Regenwald die wir natürlich nicht alle nachziehen können oder wollen. Wir haben uns spezialisiert auf Edelhölzer aber auch auf wichtige Frucht- und Nussbäume. Die Samen von einigen Baumarten kennen die Waldhüter nicht und im Internet findet man auch nichts darüber. Wir kennen aber die Standorte von Mutterpflanzen, wo immer Jungpflanzen wachsen. Die holen wir dort, um sie bei uns gross zu ziehen und sie dann an anderen Standorten wieder auszupflanzen.

Samenbeet

Unsere Samenbeete sind fast voll und sehr viele haben bereits angefangen zu keimen. Zum Glück kommt bald Roland, der Neue Volontär, um Michi zu helfen. So viele Pflanzen einzutopfen dauert seine Zeit, und wir haben ja bekanntlich auch noch die eine oder andere Arbeit.

In rund drei Wochen wird bei uns die Kakaoernte beginnen, aber das ist noch etwas vom Wetter abhängig. Wir haben die Plantage gereinigt und die Jungtriebe rausgeschnitten und sind nun bereit. Die einzelnen Pflanzen tragen gut Früchte und blühen immer noch. Nach dem Ausfall von 75 Prozent der Ernte in Afrika sind die Preise für Kakaobohnen in die Höhe geschnellt. Sie haben sich verdoppelt, je nach Qualität sogar verdreifacht. Erstaunlicherweise wird hier der höhere Wert des Rohkakaos grösstenteils an die Produzenten weitergegeben. Leider sind nicht alle Einkäufer so grosszügig. Erstaunlich ist, dass auch der Preis für den schlechten Kakao, der nur für die einheimische Produktion verwendet wird, in die Höhe geschnellt ist. Dies wäre der Moment gewesen um an der Qualität arbeiten zu können. Der hohe Preis der Bohnen verleitet aber leider auch dazu, sich heimlich auf fremden Plantagen zu bedienen. Wir haben Vorsichtsmassnahmen getroffen und versteckte Kameras aufgestellt, so dass wir allfällige Diebe identifizieren können. Sowas wie letztes Jahr wollen wir nicht nochmals erleben.

unsere glücklichen Kühe beim Wiederkäuen

Im Gegensatz zu Kakao sind die Preise für Rindfleisch nicht gestiegen und verharren auf einem niedrigen Stand wie vor zehn Jahren. Das wird leider künstlich so gehalten um den Import von Billigfleisch aus Uruguay zu verhindern. Die Regierung sollte sich schnellstens eine andere Lösung suchen, sonst wird vielleicht bald kein Rindfleisch mehr produziert. Die Löhne sind auch dieses Jahr wieder um fünf Prozent angehoben worden und werden nächstes Jahr erneut um fünf Prozent steigen. Damit erreicht der Staat das Ziel einer zwanzigprozentigen Erhöhung des Mindestlohns. Auch wir haben unsere Kuhherde stark reduziert. Wir brauchen nun weniger Weidefläche und können so Löhne für die Reinigung und den Unterhalt der Weiden sparen. Die aufgegebene Fläche forsten wir auf oder wir strukturieren sie neu, so dass neue Lebensräume in den Weiden entstehen. Was unser Fleisch anbelangt sind wir Selbstversorger. Wir produzieren in etwa so viel, wie wir und unsere Mitarbeiter pro Jahr bei uns essen. Weil wir nicht so grosse Kühltruhen besitzen und das mit dem Strom so eine Sache ist, verkaufen wir unsere Tiere immer dem gleichen, lokalen Metzger. Da er auf Qualität setzt und diese immer persönlich kontrolliert, kaufen wir unser Fleisch welches wir das Jahr über konsumieren, bei ihm ein.

die nächste Generation
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Ferien und neues von der illegalen Goldmine

Bernd, unser lieber Freund und ehemaliger Volontär, kam uns diesen Monat besuchen. Da er unseren Betrieb, die Kühe und die Hunde sehr gut kennt, hat er uns angeboten für eine Woche auf alles aufzupassen. Vielen herzlichen Dank dafür! Damit hat er uns einen kurzen, aber dringend benötigten Urlaub ermöglicht. Für uns waren die letzten Wochen bzw. Monate extrem kräftezehrend. Die illegale Mine und der Vorfall mit dem Diebstahl der Wildkamera hat uns viel Zeit und Geld aber vor allem auch Nerven gekostet. Die Anzeige gegen den Dieb läuft und im März werden sowohl wir als auch er eine Aussage bei der Kriminalpolizei der Provinz Napo machen müssen.

Unsere Ferien starteten wir in den Thermalquellen von Papallacta, wo sich Joëlle morgens um 6.00 Uhr für eine gute Stunde allein in den Pool setzen konnte. So ein Ferienbeginn ist perfekt! Ab da, waren wir für eine ganze Woche in den Anden, der sogenannten Sierra, unterwegs. Wir besuchten unseren Freund Joep im Parque Condor in Otavalo. Bei dieser Gelegenheit besuchten wir natürlich auch den bekannten und sehr bunten Touristenmarkt von Otavalo, wo wir uns mit neuen Hosen und Michi mit einer warmen Wolljacke für die diesjährige Reise in die Schweiz eindeckten. Ebenfalls besuchten wir zwei Kraterseen. Der eine, Laguna de Cuicocha, ist bekannter und wird sowohl von einheimischen als auch von ausländischen Touristen rege besucht. Der andere, Laguna de Mojanda, ist nicht so bekannt und wird vor allem am Wochenende vorwiegend von einheimischen Touristen besucht.

Da wir die Sierra noch nicht so gut kennen, wollten wir unbedingt auch nach Quilotoa. Dort gibt es ebenfalls einen sehr bekannten Kratersee, man sagt es sei die schönste Vulkanlagune von Ecuador. Wir wollten zwei Nächte in Quilotoa bleiben. Dieses kleine Dorf befindet sich am Krater auf ca. 3900 m ü. M. Leider hat es an unserem Ankunftstag wie aus Kübeln geschüttet und wir konnten weder den Kratersee besuchen noch eine erste Wanderung unternehmen. Nach einer sehr schlechten Nacht, wegen der Höhe konnten wir kaum schlafen, sind wir am Morgen in einer Nebelsuppe aufgewacht. Da es nicht erkennbar war, ob das Wetter besser oder schlechter werden wird, sind wir losgegangen, um auf dem Kraterrand eine Rundwanderung zu machen. Nach ca. einer Stunde hat es wieder geregnet und stark gewindet. Von der Lagune war nichts sichtbar und wir entschieden, dass der Wind zu gefährlich ist und drehten um.

Im Hintergrund ist der Kratersee von Quilotoa nicht sichtbar

Da wir bereits eine schlechte Nacht hinter uns hatten und völlig durchfroren waren, entschieden wir uns diese Höhe zu verlassen und unsere letzte Nacht in Latacunga zu verbringen. Das befindet sich auf ca. 2700 m ü. M. was das Schlafen etwas angenehmer macht. Nicht weit von Latacunga ist Saquisili, wo immer donnerstags ein grosser Markt stattfindet, der grösste Markt in den Anden Ecuadors. Von allen umliegenden Tälern kommen die Einheimischen, um entweder Waren und Tiere zu verkaufen oder einzukaufen, es ist kein typischer Touristenmarkt. Als Tierliebhaber mit schwachen Nerven, sollte man den Tiermarkt besser nicht besuchen. Wir waren bereits 2009 einmal dort, damals zusammen mit Michis Eltern und Maura Weder, die uns im amaZOOnico besuchen kamen.

Nach einer Woche, in der wir nie unter 2500 m ü. M. waren, sind wir sehr froh wieder zu Hause im Regenwald zu sein. Zum einen, weil wir die Höhe nicht mehr so gut vertragen und zum anderen, weil es hier so schön warm ist. Nun konnten wir endlich auch mal etwas rumreisen und das Land, in dem wir wohnen etwas besser kennenlernen. Manchmal haben wir den Eindruck, dass die Leute, die uns besuchen kommen Ecuador fast besser kennen als wir selbst. Wir konnten richtig gut abschalten und auf andere Gedanken kommen. Nochmals vielen Dank dafür lieber Bernd, wir freuen uns schon darauf, wenn du uns das nächste Mal besuchen kommst 😊.

Während unseres Urlaubs fand eine erste Operation zur Bekämpfung der illegalen Mine am Rio Rodriguez statt. An der Aktion waren Polizei, Staatsanwaltschaft und Militär beteiligt. Dabei wurden ein Bagger, eine Z-Siebmaschine, Diesel und Bargeld beschlagnahmt. Eine Person wurde festgenommen. In der offiziellen Mitteilung ist die Rede davon, dass die angrenzenden Gemeinden den Behörden dankbar für das Eingreifen sind. Das ist sehr gut so, denn somit sind sowohl Selva Viva und dessen Anwalt als auch wir aus der Schusslinie. Es war ein guter Tag für die mehr oder weniger offiziell Beteiligten, die den Wald schützen und nicht ausbeuten wollen. Damit ist dieses leidige Kapitel aber noch nicht zu ende. Jetzt gilt es weiterhin zu beobachten, ob nicht wieder gearbeitet wird.

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Die Strasse

Die Strasse die zu uns raus führt ist eine Interprovinzial Strasse welche die Provinzhauptstädte von Napo und Orellana, also Tena mit Coca verbindet und darum eine Staatsstrasse ist. Wir haben schon einmal in einem Blog über sie berichtet, damals ging es um die Verbreiterung. Seit der Verbreiterung vor gut zwei Jahren ist nicht mehr geschehen. Die Strasse wurde vor ca. 25 Jahren von der Ölgesellschaft gebaut. Etwa 40 Kilometer von uns entfernt befindet sich ein Ölfeld, wo Bohrtürme stehen und Öl gefördert wird (Bloque 21 Yuralpa). Bis vor ungefähr zehn Jahren war diese Strasse eine Sackgasse. Dann verband man sie mit der Strasse die von Coca her kommt. Früher kümmerte sich die Ölgesellschaft um den Unterhalt, damit sie mit ihren Lastwagen problemlos hin und her fahren konnten. Heute fühlt sich niemand mehr verantwortlich und sie zerfällt. Besonders die Brücken leiden, da diese nie für solche Belastungen gebaut wurden und auch nicht mehr unterhalten werden. Die letzten sieben Kilometer, nachdem die asphaltierte Strasse zu Ende ist, bis zu unserm Haus sind jedes Mal recht abenteuerlich.

Zum einen da die Brücken einige Löcher aufweisen., die immer grösser werden, und zum anderen rutscht bzw. bricht die Strasse an vielen Stellen ab und wird immer schmaler. Zum Glück haben wir ein geländetaugliches Auto, sonst kämen wir nicht zu Hause an.

Wenn wir sehen, welche LKWs der Ölgesellschaft vor unserer Haustüre durchfahren staunen wir immer wieder, dass die Brücken noch da sind. Vor einigen Wochen hat die Ölgesellschaft mal wieder einen Bohrturm mit allen dazugehörigen Materialien ersetzt. Die Ausrüstung und das ganze Material wird auf Sattelschleppern an die Küste transportiert wo es gewartet wird. Für so einen Austausch braut es mindesten 120 LKWs.

Wir waren gerade beim Abendessen als wir LKWs hörten und bei uns plötzlich das Licht aus ging. Wir rannten los, um zu schauen was geschehen war. Leider mussten wir feststellen, dass ein LKW unsere Stromleitung zum Bambuslager mitgerissen hat, er hatte es mit der Höhe der Ladung etwas übertrieben. Man beachte, dass die Leitung auf mehr als sechs Metern über der Strasse hing. Da wir uns bei der Strominstallation für ein gutes Kabel entschieden hatten, hielt es sehr gut, weshalb der Strompfahl und die Stromzähler arg in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Das Kabel lag, nachdem es ausgerissen wurde auf der Strasse und alle nachfolgenden LKWs, rund ein Dutzend, sowie der restliche Verkehr fuhren darüber hinweg. Wir konnten leider den Verursacher nicht anhalten, aber den nachfolgende LKW schon. Der Chauffeur spielte alles runter. Wir setzten uns gleich mit der Transportfirma in Verbindung. Die schickten noch am gleichen Abend, etwa drei Stunden später, jemanden der das Kabel wieder aufhängte, es aber nicht ersetzte. Da über das Kabel LKWs mit über 40 Tonnen und andere Fahrzeug hinweg fuhren, weist es einige risse auf. Wir mussten diese Angelegenheit unserem Anwalt übergeben, der jetzt eine Klage einreicht um den entstandenen Schaden einzufordern. Wenn man keine Klage einreicht, bleibt man selbst auf den Kosten sitzen. Wir mussten nicht lange überlegen, ob wir diesen Schritt gehen, denn die ganze Installation hat uns über 1000 Dollar gekostet. Bei unserem Nachbarn in Campococha hat der gleiche LKW das Internetkabel runtergeholt, er konnte ihn auch nicht stoppen. Mal schauen, wie es mit dieser Geschichte weiter geht.

Wir haben uns für das neue Jahr vorgenommen alles etwas ruhiger anzugehen. Letztes Jahr war bei uns sehr viel los, besonders wegen der illegalen Goldmine und der Wilderei. Dies hat uns sehr viel Nerven gekostet. Wir mussten viele Gespräche führen, die nicht immer spurlos an uns vorbei gingen. Ja, für den Umweltschutz hier vor Ort braucht man ein richtig dickes Fell, das wächst einem aber nur langsam. Auf keinen Fall werden wir unseren Idealen untreu weshalb wir uns weiterhin für den Tier- und Umweltschutz einsetzten. Die Klage wegen des Diebstahls der Wildkamera und der Wilderei ist eingereicht und läuft.

César und Michi arbeiten momentan an der Fertigstellung der neuen Werkstatt. Es entsteht auch ein kleines Lagerhäuschen, welches in den Hang hineingebaut wird. Das bedeutet aber, dass eine Wassersperre eingebaut werden muss. Das Verstand der «Zementmeister» anfangs nicht ganz, weshalb ihm Michi vorzeigen musste warum, und vor allem wie er es möchte. Michi kann Vieles, aber beim Zement hat er nur Fragen. Er weiss wie er hält und was es braucht, aber er kann es nicht umsetzten. Auch César versteht die Materie nicht ganz und so brauchten sie einen Meister der das Lager so baut, wie es geplant wurde.

In etwa vier Wochen beginnt die Kakaoernte. Die Bäume tragen viele Früchte und wir hoffen auf eine gute Ernte. Aufgrund von Ernteausfällen in Afrika ist der Kakaopreis um75 Prozent gestiegen. Wir erwarten deshalb einen guten Ertrag.