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Swissness im Regenwald

Als Michael in der Schweiz war hat er eine Kuhschelle im Keller seiner Eltern entdeckt. Gleich kam ihm die Idee, daraus eine Hausklingel zu machen – wir hatten bis jetzt einen grossen Triangel. Leider haben das nicht alle Leute verstanden und mit dem Metallstab überall anders drauf gehauen als auf den Triangel. Britta, die Lehrerin der Sommerschule, hat uns dann die Kuhschelle aus der Schweiz mitgebracht. Michael hatte nämlich keinen Platz mehr in seinem Gepäck. Nun hängt die Schelle am Eingangstor. Wir hatten eine kleinere Diskussion, ob es denn eine Glocke oder Schelle ist. Eine Glocke ist gegossen und hat einen Widerhall im Klang. Eine Schelle wird aus einem Blech geformt und vernietet oder verschweisst. Ob Glocke oder Schelle hat nichts mit der Grösse zu tun, aber es ist natürlich auch umgangssprachlich je nach Region und Dialekt unterschiedlich. Es war ja auch der Schellenursli und nicht der Glockenursli. Michis Vater Hans ahnte 1979, als er das Winterschiessen gewonnen hatte und diese Schelle bekam, noch nichts davon, dass die mal im Regenwald von Ecuador als Hausklingel enden würde. 

Schelle mit eigenem Dach

Michi hatte aber noch was ganz anderes im Gepäck als er aus der Schweiz nach Hause kam. Er brachte 10 Bruteier vom Schweizerhuhn (alte ProSpecieRara Rasse) mit. Ob das legal war, wissen wir nicht – sie wurden aber auch nicht beschlagnahmt. Neun Eier kamen heil im Regenwald an. Walravens, unsere Nachbarn, haben eine Brutmaschine für ihre Geflügelzucht. Sie haben für uns freundlicherweise die Eier bebrütet. Trotz aller Ungläubigkeit von vielen Personen waren sechs Eier befruchtet und vier Küken sind dann auch geschlüpft. Leider ist eines noch am gleichen Tag gestorben. Nun rennen drei kleine Schweizerhühner bei uns im Garten rum. Es sind eine Henne und zwei Hähne. Für den überschüssigen Hahn haben wir schon einen Platz. Wir werden ihn unseren Nachbarn für die Blutauffrischung in der Geflügelzucht geben. 

Sina, Büne und Kuno

Wir haben begonnen eine zweite Lagerhalle für das Trocknen von Bambus zu bauen. Da wir immer mehr Erfahrung haben mit dem Bauen mit Bambus, kamen wir sehr schnell voran. Nach nur zwei Tagen war das Dach schon montiert und wir konnten bereits im Trockenen bzw. im Schatten arbeiten. Auch dieses Mal haben wir einen jungen Mann mitarbeiten lassen. So können wir immer mehr Personen im Bau von Bambus schulen. Bei der Trocknungshalle handelt es sich um eine einfache Bauweise, mit Verstrebungen wird sie gegen den Wind gestützt. Die Regale in der Halle, müssen aber sehr genau gearbeitet werden. Jedes Fach muss über drei Tonnen Bambus tragen können. Sie ist für 180 Stangen Bambus Gigante oder für 300 Stangen Bambus (Guadua) à je 6 Meter konzipiert. Bevor wir sie aber in Betrieb nehmen können, müssen wir noch den Boden zementieren. Das bedeutet Steine schleppen. Da haben wir gerade ein kleines Problem, denn uns fehlen die Steine und sie im Fluss zu holen ist sehr zeit- aber vor allem kostenintensiv. Da wir keine Eile haben zögern wir es noch etwas raus und warten bis die Strasse repariert wird. Da werden wir im gleichen Arbeitsaufwand einige Steine kaufen können, sie werden dann geliefert und mit dem Bagger hingelegt. Das wird hoffentlich in ca. zwei bis vier Wochen der Fall sein.

Als Britta einmal nach ihrer Joggingtour zurück kam fragte sie Michi ob er mit der Zahl 127 was anfangen könne. Es war die Anzahl PET-Flaschen die sie am Strassenrand im Wald von Selva Viva gezählt hatte. Ok dachten wir uns, da muss etwas geschehen. Deshalb organisierten wir einen «Clean Up Day» (Strassenreinigung) mit allen Partnerprojekten von Selva Viva um wieder einen sauberen Wald zu haben. Wir teilten unser Vorhaben der jeweiligen Geschäftsstelle von Selva Viva, amaZOOnico, Liana Loge und der Gemeinschaft 27 de Febrero mit. Die Finca Don Sigifredo übernahm dabei die Koordination von allen Helfern und spendierte die Verpflegung. Am letzten Freitag war es soweit und wir legten los mit dem «Wald putzen». Insgesamt waren 15 Personen gekommen, die nun gemeinsam die 4.5 Kilometer lange Strasse durch den Schutzwald reinigten.

Müllsammeltruppe

Bereits nach drei Stunden hatten wir es geschafft. Es türmten sich am Ende 6 Säcke mit PET-Flaschen, 5 Säcke mit Müll und ein halber Sack mit Metall. Die PET-Flaschen und das Metall geben wir zum Recyceln und der Rest nahm die Mühlabfuhr mit.

Jede Menge Müll wurde eingesammelt

Die Idee war aber auch, dass ein ungezwungener Austausch in lockerer Atmosphäre unter den einzelnen Projekten stattfinden könnte. Das war aber leider nur bedingt möglich. Einige Geschäftsführer haben ihre Abwesenheit entschuldigt und trotzdem Volontäre aus ihrem Projekt geschickt. Andere haben sicherlich in guter Absicht irgendwelche Personen geschickt, die nichts mit den Projekten zu tun haben. Und wieder andere sind gar nicht erst erschienen. So konnte nur bedingt ein Austausch beim Waldspaziergang und dem anschliessenden Essen stattfinden. Das war sehr schade, aber es war trotzdem ein gelungener Tag für die Umwelt. Der neue Geschäftsführer von Selva Viva, Lester Espin, der selbst mithalf hat sich bei allen beteiligten herzlichst für ihre Mithilfe bedankt. Bei allen Helfern kam die Aktion gut an. Wir freuen uns schon jetzt darauf, dieses tolle Event zu wiederholen! Dann werden wir versuchen alle Geschäftsführer zu motivieren, selbst mitzuhelfen. Unser Ziel ist es, beim gemeinsamen Müllsammeln einen lockeren und informellen Austausch zwischen den Partnerprojekten auf Leitungsebene zu schaffen.

Pause beim Waldhüterhaus «Casa Blanca»
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Regenwaldhelfer aus dem Heidekreis in Ecuador

Artikel in der Walsroder Zeitung vom 14. August 2021

Bäume sind wichtig: Sie binden Kohlenstoffdioxid und geben im Austausch Sauerstoff an die Luft ab. Mehr als ein Viertel aller Bäume weltweit wächst in tropischen Regenwäldern ergo sind auch die wichtig, vor allem im Angesicht des fortschreitenden Klimawandels. Trotzdem zerstören Menschen die „Grüne Lunge“ des Planeten – im vergangenen Jahr noch mehr als in dem davor. Laut einer Studie ging eine Fläche so groß wie die Niederlande verloren.

Wer Nachrichten wie diese hört, kann sich kaum etwas darunter vorstellen. Das Sterben des Regenwaldes ist vielen Menschen bekannt, bleibt aber eine abstrakte Vorstellung. Für den 1. Vorsitzenden des Vereins Regenwald-Hilfe e.V. Jan Pflugstedt ist sie sehr real geworden. Der Walsroder hat zum Jahreswechsel fünf Wochen in Ecuador verbracht, um sich ein eigenes Bild zu machen. „Ich wollte eigentlich immer schon mal in den Regenwald“, stellt Pflugstedt fest, „um mitreden und aufklären zu können.“ Mit einer Privatreise hat der 26-Jährige sich diesen Traum erfüllt. Wer dabei aber an ein reines Freizeitvergnügen denkt, der irrt. Jan Pflugstedt ist vor allem nach Ecuador geflogen, um dort anzupacken – ganz im Sinne des Vereins „Regenwald-Hilfe e.V.“, den er vor einiger Zeit im Heidekreis mitgegründet hat und als Vorsitzender leitet.

Die 50 Mitglieder widmen sich jährlich neben regionalen Aktionen auch je einem nationalen und einem internationalen Projekt, das sie gemeinsam unterstützen. In Ecuador hat Jan Pflugstedt nun gleich zwei Kooperationsprojektpartner für die Zukunft gefunden: die Tierauffangstation amaZOOnico, für die der Walsroder während seines Aufenthalts in Ecuador gearbeitet hat – und die Finca Don Sigifredo, eine Modellfarm zur nachhaltigen Bewirtschaftung des Regenwaldes.

Alle reden von der Zerstörung des Regenwaldes – doch nur wenige tun etwas dagegen. Jan Pflugstedt aus Walsrode gehört zu denen, die anpacken, um die „Grüne Lunge“ des Planeten zu retten.

César und Jan pflanzen Bäume

„Aras frei fliegen oder Totenkopfaffen in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen, das war schon etwas ganz Besonderes, auch für mich als Tierpfleger“, berichtet der 26-Jährige, der im Weltvogelpark Walsrode arbeitet.

Dennoch habe er sich zunächst an die Lebensumstände gewöhnen müssen. „Wir hatten kein fließendes Wasser in der Station.“ Stattdessen sei Regenwasser aufgefangen und abgekocht worden. „Wir haben auch durchaus mal im Fluss gebadet. Ich habe viele Denkweisen umändern oder ablegen können, habe Abstand gewonnen von allzu technischen oder materiellen Dingen.»

Der 1. Vorsitzender lernte auch während seines Aufenthaltes die Finca Don Sigifredo kennen. Seit seinem Besuch vor Ort arbeitet der Verein Regenwald-Hilfe e.V. in enger Kooperation mit der Finca Don Sigifredo zusammen

Mit den Rangern vor Ort pflanzte Jan im Namen des Vereins rund 150 neue Bäume. Die Notwendigkeit dafür wurde ihm während der fünf Wochen schmerzlich vor Augen geführt: „Ich habe auch die eine oder andere gerodete Fläche gesehen“, bedauert er. Die Schönheit des verbliebenen Regenwaldes sei ein starker Kontrast dazu gewesen.

Einmal habe ihn eine Riesenameise gebissen und damit seine komplette Hand betäubt. Um einzukaufen zu können, habe man mit dem Boot eine halbe Stunde bis zur nächsten Straße fahren müssen – und von dort aus noch einmal dreieinhalb Stunden bis in die nächste Stadt. „Die Kultur und Lebensweise der Einheimischen kennenzulernen, war
sehr interessant“, erzählt Jan, der auf seiner Reise auch Ameisen und Würmer gegessen hat. „Wir haben sehr viele
Luxusgüter hier in Deutschland.“ Und deren Herstellung und Konsum tragen mitunter dazu bei, dass der Regenwald weltweit weniger wird ob es sich um das neue Smartphone, das Schnitzel vom Discounter oder um den Schokoriegel mit Palmöl im Einkaufswagen handelt.

Deshalb will sich Jan Pflugstedt auch hier vor Ort weiter für den Schutz des Regenwaldes und die Aufklärung darüber einsetzen. „Jede kleine Hilfe von hier kann dort Wunder wirken“, sagt er. Wer selbst aktiv werden möchte, findet auf der Homepage der Regenwald-Hilfe e.V. ab sofort auch eine Vermittlerplattform für Freiwilligenarbeit in fremden Ländern und Kulturen.

Volontärshäuser im amaZOOnico

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Auszeit im Regenwald

Ein Bericht von Tina Schwizer und Thömi Wüst

Unsere Ferienzeit in Ecuador begann damit, dass wir uns einen Businessflug gönnten um bereits erholt in Quito anzukommen. Die Bestellliste von Michi und Joëlle war lang und es kamen noch weitere Geschenke für ecuadorianische Freunde dazu, damit auch diese überrascht werden konnten. Somit waren unsere vier Koffer schnell prall gefüllt. Nachdem wir den Corona-Test überstanden hatten, ging es am 28. Dezember frühmorgens auf den Flughafen Zürich.

Tina im Flugzeug

Nach dem Zwischenstopp in Amsterdam landeten wir nachmittags (Ortszeit) in Quito. Dort wurden wir von Jessie und Claus (Casa Helbling) freudig erwartet. Am nächsten Tag bestellte uns Jessie ein Taxi nach Puerto Barantilla. Nach gut 3,5 Stunden Fahrt, hatte es unser Fahrer (und auch wir ;-)) ohne grosses Risiko durch die unterschiedlichen Strassenlandschaften geschafft. Es war ein herzliches Wiedersehen mit Michi (Bruder von Thömi), Joëlle (Lieblingsschwägerin) und den drei Hunden Sinchi, Bombi und Yuma. Michi zauberte trotz gebrochenem Bein eine erfrischende Piña Colada mit eigener Kokosnuss als Begrüssungsgetränk. Mhmmm lecker war‘s! Danach zeigte er uns das Umland und das Haus. Nachdem auch die hungrigen Mägen gefüllt waren, haben wir die Koffer geöffnet und die Augen von Michi und Joëlle zum Strahlen gebracht. Lustig was so ein Koffer bewirken kann.
Am selben Abend kamen auch die Tierpfleger Jan und Sebastian für zwei Nächte zu Besuch. Sie verbrachten ihre 4 Wochen Ferien im nahegelegenen amaZOOnico und halfen dort tatkräftig mit.

Am nächsten Tag fuhren wir mit Joëlle nach Tena um die Wocheneinkäufe zu machen und uns Stiefel zu organisieren, weil ohne diese, geht im Regenwald praktisch nichts. So viel wie möglich versuchten wir während unseren Ferien zu faulenzen, um uns mal wieder so richtig zu erholen. Parallel waren wir interessiert, viel zu entdecken. So waren wir zu unterschiedlichen Zeiten wach und aktiv. Kurz, Siesta ist einfach eine tolle Sache! 

Vanilleplantage

Später machten wir gemeinsam eine kleine Entdeckungstour im nahen Hügelgebiet. Dabei zeigte uns Joëlle die neue Vanilleplantage und nach einem weiteren Aufstieg, die oberen Weiden wo sich aktuell die Kühe befanden. Mit einem Augenzwinkern bat uns Joëlle, die Kühe mit ihr zu zählen. Dies erwies sich als nicht ganz so einfach, denn das Durcheinander von verschiedenen Fellfarben und -formen, unterschiedlichen Hornstellungen und diversen Grössenausgaben, tummelte hin- und her und rundherum und stupste und schubste. Alle Vierbeiner waren auf der Suche nach den letzten Kraftfutterstückchen. Es zeigte sich, dass das neugeborene Kalb und seine Mutter noch nicht dabei waren. Nach einigen Rufen erschien die Mutterkuh. Später suchten Joëlle und Tina nach dem Kälbchen, denn das war von seiner Mutter versteckt worden. Nach einiger Zeit des Umherirrens, wies die Mutterkuh den Weg, dies war sehr eindrücklich.
Auf dem Rückweg zeigte uns Joëlle die Unfallstelle von Michi und das berühmt berüchtigte „Unfallholz“. Dieses sollte zum Haus gelangen, was Thömi und Jan dann auch versuchten. Dies gelang ihnen zu einem guten Stück und dann kam der Sumpf. Um die Unfallquote mit diesem „Unfallholz“ nicht noch unnötig in die Höhe zu treiben, blieb das „gute“ Stück dann dort liegen und wartete auf „neue“ Herausforderer.

Am 31. Dezember 2020 war der Tag an dem die Ecuadorianer sich eine Puppe bauen um sie mitternachts zu verbrennen und so das Alte zu verabschieden. Dabei ist es auch wichtig, ein Testament zu schreiben. Michis Puppe habt ihr sicher bereits in diesem Blog entdeckt. Ganz ehrlich gesagt, bei uns wurde es nicht Mitternacht, denn wir alle waren so müde, dass wir beschlossen, irgendwo auf der Welt ist es 0 Uhr und wir gehen jetzt schlafen.

Michi mit Muñeco

Einmal gingen wir in den amZOOnico, um uns ein Bild von der Situation dort zu machen. Am 2. Wochenende kamen Claus und Jessie zu Besuch. Ein gemütlicher Abend mit dem Feuer, welches nur mit Hilfe eines Föns brennen gelernt hat.

Jessie mit Fön

Ab Sonntag hüteten wir die Finca alleine. Die vier „Ecuadorianer“ reisten nach Quito und wir hatten etwas Zeit für uns. Die Hunde, die Meerschweinchen und Luke, das Kalb, wurden von uns versorgt. An Zwei Tagen haben wir für die Arbeiter und uns gekocht, was uns grossen Spass machte.

Luke und Mike

Am Donnerstag gingen wir auf eine Kanutour mit Sebastian und Jan, rund um die Insel Anaconda. Dabei besuchten wir die Chocolate Lodge, welche von einer Kichwa-Frau betrieben wird. Es war ein eindrückliches Erlebnis, zu sehen, wie die Einheimischen Schokolade herstellen. Als Abschluss der Tour gab es Tilapia mit Beilagen, ein Mittagessen bei den Einheimischen. Zwischen den Touren und dem Arbeiten (z.B. Pflanzen umtopfen) gingen wir zweimal in die Plantage von Joëlle und Michi. Natürlich geleitet von meinem Bruder. Anstelle einer halben Stunde, ging es dann meistens ein bis anderthalb Stunden ;-).

Die Ferien in Puerto Barantilla waren erholsam. Naja, ausser den lästigen und hartnäckigen Sandfliegen. Auf die könnten wir grosszügig verzichten. Den Abschluss unserer Ferien machten wir dann auf 3500m in Papallacta (Thermen). Dies hat Michi im Blog schon beschrieben. Am letzten Montag wurden wir wieder nach Quito verfrachtet, denn wir mussten nochmals einen Corona-Test machen. Nach 2 Nächten in Quito haben wir uns dann von Michi, Joëlle, Jessie und Claus verabschiedet. Viele Stunden später sind wir in der Schweiz spätabends gelandet. Wir wurden von Anja (Tinas Tochter) schon sehnlichst erwartet. Joëlle und Michi, wir danken euch und wer weiss, wann wir wiederkommen ;-).

Thömi und Tina