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Des einen Freud, des andern Leid

Wir haben mit der Kakaoernte begonnen. Da der Preis für Kakaobohnen so stark gestiegen ist redet man umso mehr von der goldenen Bohne bzw. vom Goldnugget (Pepa de Oro). Wie schon in vorangegangenen Beiträgen erwähnt, ist der Preis wegen des Ernteausfalls in Afrika in die Höhe geschnellt. Ecuador ist nach Afrika der zweitgrösste Produzent von Kakao und profitiert nun in vielerlei Hinsicht. Die Preise haben sich verdoppelt oder sogar verdreifacht, das kommt auf den Einkäufer und die Qualität an. Wir haben uns entschieden etwas früher als normal mit der Ernte zu beginnen.

Viele Früchte sind noch nicht reif, wir werden mehrmals ernten und das in kürzeren Abständen als bisher. Der Diebstahl von Kakaofrüchten hat drastisch zugenommen. Einzelne Bauern verbringen sogar die Nächte auf ihren Plangagen und Grossproduzenten stellen Sicherheitspersonal ein, um ihre Plantagen zu schützen. Die erste Ernte fiel bei uns sehr gut aus. Der Verjüngungsschnitt bei den Bäumen trägt nun im wahrsten Sinn des Wortes Früchte, und das gerade rechtzeitig. Auch der Pilz- und Insektenbefall war wenig, er belief sich nur auf ca. fünf Prozent. So wenig war es bei uns noch nie. Im Jahr zuvor waren es etwa zwanzig Prozent. Ein sehr positiver Effekt ist auch, dass die Leute wieder Kakao anpflanzen. Es werden Balsaplantagen geerntet und direkt Kakao gepflanzt. Die Preise für Balsaholz sind seit zwei Jahren im Keller und werden sich voraussichtlich nicht wieder erholen. Balsa lohnt sich nur, wenn man beim Landwirtschaftsministerium als Agroforstbetrieb registriert ist. Bei nicht registrierten Betrieben werden die Einkaufspreise gedrückt, um dann mit der Differenz das Holz zu legalisieren. Kakao braucht keine Lizenz, jeder darf seine Produktion legal verkaufen. Einzelne Gemeinden haben sogar die Goldwäscher rausgeschmissen, um Kakao zu pflanzen. Sie haben gemerkt, dass man mit Kakao langfristig mehr Geld verdienen kann. Sie haben auch gesehen, welche Zerstörung illegaler Goldabbau verursacht und dass für sehr lange Zeit nichts mehr wächst.

Michi hat bei unserem Bambuslager den Boden zementieren lassen. Uns war schon länger aufgefallen, dass in der Regenzeit der Naturboden Wasser zog und so das Trocknen und das Lagern immer etwas umständlicher wurde. Wir haben uns daher entschieden, diese Investition zu tätigen um eine schnellere Trocknung zu erreichen. Wir bestellten 24 m3 Steine, 24 m3 Sand und 100 Sack Zement.

Zuerst mussten die Steine schön gelegt werden, so dass auch das Gefälle stimmte. Zum Verkeilen kam eine Schicht Sand darauf und zum Schluss der Zement. Hört sich einfach an, muss aber alles von Hand gemacht werden.

Wie schon mehrmals geschrieben hat Michi von Zement keine Ahnung. Auch dieses Mal staunte er nicht schlecht über die angewandten Methoden. Er half einfach mit und war doch auch froh, wenn er vom Steine schleppen weg musste, um andere Arbeiten zu erledigen. Ja, auch er wird nicht jünger. Innert drei Tagen waren die Steine drin und weitere drei Tage später war der Zement drauf.

Wir staunen immer wieder, dass die Leute mit einfachsten Mitteln so ein gutes Ergebnis hinbekommen. Zum Abschluss und Übergabe des Auftrags gab es für Alle ein wohl verdientes Bier. Nach dem ersten Regen hatten wir dann auch die Bestätigung, dass gut gearbeitet wurde. Der Boden blieb trocken und das Spritzwasser ist gut abgelaufen.

Vor einigen Tagen wurden wir zu einem Bambusworkshop in Tena eingeladen. INBAR wollte gemeinsam mit Produzenten, Verarbeitern und Architekten besprechen, wie man den Bambus fördern kann und auf was man achten muss um einen einheitlichen Preis festlegen zu können. Vertreten waren dann auch Pflanzenschulen, die sich auf die Nachzucht von Bambus spezialisiert haben, Plantagenbesitzer, Verarbeiter, Veredler und Architekten. Zu unserem Erstaunen war sogar die Ministerin für Landwirtschaft mit ihrem Sekretär anwesend.

Alle waren sich einig, dass Bambus ein sehr grosses Potenzial hat und in dieser Region dringend gefördert werden sollte. Wir stellten aber auch fest, dass die Legalisierung von Bambus bereits beim Produzenten sehr schwer ist, wenn nicht sogar teilweise unmöglich. Wir wissen, dass wir uns auch in einer Grauzone befinden. Wir dürften eigentlich nur Bambus einkaufen bei Bauern, die registriert sind. Das ist aber in vielen Fällen nicht möglich, da sie keinen «legalen» Anspruch auf ihr Land haben. Wir sind tatsächlich registriert, aber eben als Produzent des Primärprodukts. So kaufen wir Bambus ein und deklarieren ihn als unseren eigenen. Ist nicht legal, aber so von der Ministerin empfohlen und geduldet. Unser nächster Schritt wird sein, eine Lizenz für die Veredlung und Verarbeitung von Bambus zu beantragen. Das würde uns sehr vieles einfacher machen. Das aber bedeutet wiederum, dass wir den Nachweis liefern müssen bei wem wir den Bambus einkaufen. Alle im Workshop waren sich einig, dass die Regierung den Ablauf vereinfachen muss. Nur hat Ecuador im Moment viel grössere Probleme als das Geschäft mit Bambus und so werden wir uns alle bis auf weiteres in der Grauzone bewegen müssen.

Dank des Workshops haben wir jetzt die Telefonnummer des Sekretärs und der Ministerin, die beide versprochen haben uns zu helfen falls wir Probleme mit anderen Behörden bekommen sollten. Das ist beruhigend, denn man beachte: Die Pflanzenschule muss sich beim Forstministerium anmelden, der Produzent beim Umweltministerium und der Veredler beim Landwirtschaftsministerium. Ja, da verliert man schnell den Überblick. Der Workshop war für uns sehr interessant und wir konnten neue Geschäftsbeziehungen knüpfen. Am interessantesten für uns ist, dass die Nachbargemeinde sich als Produzent registrieren lassen wird. So könnten wir tatsächlich legal einkaufen. Wie immer wird das aber noch ein laaanges Weilchen dauern und bis dahin verbleiben wir in der Grauzone. Wer weiss, vielleicht schaffen wir es und werden tatsächlich die ersten Bambusveredler der Provinz Napo die ihre Ware legal erwirbt und somit auch nachverfolgbar verkaufen darf.

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Familienzuwachs

Michi ist wieder zurück aus den Ferien und voller Tatendrang. Er konnte sich gut erholen und seine Batterien wieder aufladen. In seiner Abwesenheit sind die Jungpflanzen gut gewachsen und sind nun pflanzfertig, es sind über 70 Bäume von neun verschiedenen Arten. Seit einem Jahr bereiten wir eine ehemalige Kuhweide für die Wiederbewaldung vor. Sie verbuschte sehr schnell und wir waren erstaunt, was in einem Jahr alles wieder gewachsen ist. Entlang des Baches haben wir den grossen Bambus zur Ufer- und Hangsicherung gepflanzt. In etwa acht Jahren werden wir ihn selbst ernten und nutzen können. Oberhalb dieser Weidefläche haben wir bis zum Waldrand Bäume gepflanzt. So haben wir gut einen Hektar umgenutzt.

Die Aufforstung ist eine körperlich sehr anstrengende Arbeit. Zuerst müssen Schneisen durch die Buschlandschaft geschlagen werden. Dabei ist es sehr wichtig, die Pflanzen zu kennen, damit keine wertvollen Jungbäume gefällt werden. Anschliessend werden in dieser Schneise die Löcher für die Pflänzchen gegraben und zum Schluss werden noch die Jungbäume herangetragen. Leider ist es nicht möglich, sie mit einer Schubkarre zu transportieren, da das Gelände einerseits zu steil und andererseits stellenweise zu sumpfig ist. Zu viert waren wir eine Woche lang beschäftigt und hoffen nun, dass die Pflänzchen gut anwachsen. Zu guter Letzt haben César und Michi diese Woche noch die GPS-Koordinaten aufgenommen. Mit Freude haben wir festgestellt, dass bisher alle gut anwachsen sind. Sogar diejenigen, die alle Blätter an die Insekten verloren haben, treiben bereits wieder aus.

Video zur Aufforstung
Musik von Ronald Kah, Web: https://ronaldkah.de

Als Michael und César diese Woche in der Bambushalle arbeiteten, waren vor der Tür einige Autos beim Umladen. Da dies nichts Besonderes ist, haben wir dem Treiben keine grosse Aufmerksamkeit geschenkt. Aber als plötzlich ein kleiner Hund bei uns auftauchte, der vom Nachbarshund verfolgt wurde, fragten wir uns, wem er wohl gehören könnte. César kennt ihn nicht, obwohl er wahrscheinlich 90% aller Hunde auf der Insel Anaconda kennt. Als der Nachbarshund nicht aufhörte zu bellen, ging Michael nachsehen, was los war. Der Junghund sass neben einem zerrissenen Sack und wurde lautstark weggebellt, worauf Michi sich des Fremden annahm. Michi konnte schnell das Eis brechen. Er konnte die Kleine sogar untersuchen und so stellte er fest, dass sie ein Mädchen ist. Wir vermuten, dass sie im Sack transportiert wurde und von einem Auto gefallen ist, da sie Schürfwunden an den Vorderbeinen hat und immer hinter dem Sack herlief. Joëlle war auch gerade da und wir fragten bei den Nachbarn und auf der Strasse nach, aber niemandem gehörte die Hündin. Ohne viel darüber zu reden, war es klar, dass wir sie für den Moment zu uns nach Hause nehmen würden. Wir lockten sie Richtung Haus wo sich natürlich unsere anderen Hunde befanden. Die Zusammenführung von Hunden ist nicht immer so einfach wie das bei uns der Fall war. Sinchi, der Chef beschnupperte sie und dann war gut. Bombi war etwas genervt von einem weiteren so kleinen aktiven Hund und liess sie links liegen. Hector hat sich sehr über die neue Spielkameradin gefreut. Nur Yuma ist etwas Zickig und zeigt ihr immer wieder, wo ihr Platz ist. Nach nur zwei Tagen macht die Kleine mit, als wäre sie schon immer dabei gewesen. Wir haben sie entfloht und entwurmt weil sie ein richtiges Flohtaxi war, deshalb heisst sie jetzt Floh.

Die Frage bleibt, wer kennt Floh oder ihren Besitzer? Floh ist weiblich, unkastriert und etwa 10 Monate alt. Wenn sich bis nächste Woche niemand bei uns meldet, werden wir sie kastrieren lassen und behalten. Wer weiss, vielleicht meldet sich der Besitzer noch. Bis dahin haben wir jetzt halt ein halbes Tierheim.

…und hungrig

Joëlle hat einen Auftrag für Bambus an Land gezogen. Er ist nicht so gross aber wir erhoffen uns Folgeaufträge. Da ein Mitbewerber schlechtes Material geliefert hatte, sind wir eingesprungen und durften nachliefern. Der Architekt hat uns besucht und unsere Anlage besichtigt. Er möchte nun bei den nächsten Bauprojekten mit uns zusammenarbeiten. Da er für gewisse Bauten besondere Anforderungen hat, haben wir uns für die Investition in zwei neue Maschinen entschieden. Das sind Maschinen, die es so nicht gibt und die man nicht einfach so kaufen kann. Michi hatte eine klare Vorstellung von einer Tischsäge mit zwei Sägeblättern mit der man Latten von 2, 4 oder 6 cm Breite direkt aus den Bambusstangen rausschneidet. Die zweite Maschine ist eine Anlage zur Herstellung von Bambusdübeln. In ganz Ecuador gibt es nur eine solche Maschine, die aus China importiert wurde. Wir haben einen Maschinenbauer gefunden der uns das genau so baute wie Michi es sich wünschte.

Neue Tischsäge nach Mass

Bei der Vorführung der Tischsäge in Tena schnitt sie alles super, aber zurück in der Werkstatt kam das alte leidige Thema wieder auf: die Stromspannung. Wir dachten, wir hätten das vor einem Jahr gelöst. Jetzt sind wir wieder an dem Punkt angelangt, an dem Joëlle sich mit der Stromgesellschaft herumschlagen muss, damit sie die Spannung bei uns hochschrauben. Die Bambusanlage hat einen eigenen Stromzähler, für den wir einen höheren Tarif bezahlen als für das Wohnhaus. Es ist ein Industriezähler und deshalb sollten wir auch eine höhere Spannung haben. Mal sehen, wie lange das dauert, oder ob wir uns ein eigenes Stromregelgerät anschaffen müssen um vernünftig arbeiten zu können.

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Erfahrungsbericht von Bernd Villwock

Der erste Monat als Volontär auf der Finca Don Sigifredo (FS) hat mir – neben durchaus anstrengender und Schweißtreibender Arbeit – eine Menge toller Erlebnisse und Begegnungen gebracht. Hinzu kamen erste Einblicke in das Projekt und die Prozesse der Farm, die ich dem angenehmen und intensiven Austausch mit Michi und Joëlle verdanke!
Daher versuche ich mich hier an einem Monatsbericht, der sich an den „Teilprojekten“ der Farm orientiert, die ich bereits aus praktischer Arbeit kennengelernt habe.

Ganaderia – Rinderhaltung

Idylle auf der Kuhweide

Die vergangenen Wochen zeigten Licht und Schatten dieses Bereichs, in dem ja schon vor längerer Zeit von Milch- auf Fleischproduktion und Zucht umgestellt wurde: Erfreulich war zunächst einmal der Verkauf von 2 Kühen an die Holländischen Nachbarn – offensichtlich hatte diese die Qualität der beiden hornlosen Zuchtrinder überzeugt! Hinzu kam der Verkauf von 6 Fleischrindern an einen auf Qualität setzenden Kooperationspartner aus Tena. Bei der Verladung der ersten 3 Kühe bewies Michi seine tierfreundliche Grundhaltung: durch die extra hierfür gezimmerte „Verlade-Brücke“ und ein wenig Geduld gelang der für die Kühe schmerzlose und weitgehend stressfreie Gang auf den Transporter.
Als sehr aufwendig aber erweist sich immer wieder die Pflege der Urwaldweiden: Einige Stunden pro Woche müssen die verschiedene Pastos von nachgewachsenen Büschen, Bäumen und zu harten Gräsern gesäubert werden. Auch die erschwerten Bedingungen der Wundpflege wurden deutlich: neue Verletzungen – wie die von Kälbchen Urpi – müssen schnell behandelt und aufmerksam nachversorgt werden, damit sich keine gefährlichen Fliegenlarven einnisten können! Erstaunlich empfand ich dabei die Cowboy-Qualitäten von César, der vor seiner Anstellung auf der FS keinen Umgang mit Rindern hatte: Er schwingt das Lasso und bringt Rinder an ihren Hinterläufen zu Fall, als hätte er sein Leben lang nichts Anderes gemacht!

Die kleine Urpi mit ihrer Mama

Last but not least machen sich die Rinder immer wieder einmal selbständig, treten Zäune nieder und verlassen auch ab und zu den Bereich der Finca – was für den armen Michi erst kürzlich wieder zu ungeplanten, stundenlangen Suchaktionen führte. Und natürlich müssen die kaputten Zäune auch wieder repariert werden! Jeden Morgen wird deshalb die aktuelle Weide aufgesucht, um die Kühe zu zählen und mögliche Verletzungen zu sichten. Dies mag zwar durchaus für den Volontär zu angenehmen Erkundungsgängen des Terrains und schönen Naturerlebnissen führen – unter dem Aspekt des Arbeitsaufwandes jedoch schlägt dies erheblich negativ zu Buche!

Begegnung

Bambus als Baumaterial

Im diesem jüngsten Geschäftsbereich der FS liegen Vision und Wirklichkeit an manchen Stellen sehr dicht, an anderen noch ziemlich weit auseinander: Es gibt durchaus schon Aufträge, jüngst erst der für 200 m² Tablas, das sind zu Wand- oder Bodenteilen verarbeitete Bambusrohre. Die zweite Hälfte haben wir mit mit 9 Personen und sehr viel Schweiß binnen einer Woche abgearbeitet. Dies begann mit der Ernte unter allerhand Gefahren (Lanzenotter,  Skorpion, Wespenangriffe, …) und der abenteuerlichen Verschiffung mit selbst gebauten Bambusflössen (inkl. einer Kenterung mit unbeschadetem Ausgang aber ärgerlichem Materialverlust). Mit ausgefeilter Technik wurden die zugeschnittenen Rohre dann geöffnet, gesäubert und in die Immunisierungsanlage gegeben.

Herstellung von Tablas


Wie ja schon mehrfach berichtet, entsteht außerdem auf der Insel das erste „Musterhaus“, bei dem erstmals Bambus zum Einsatz kommt, der mit dem verbesserten Prozess haltbar gemacht wurde (inzwischen sind die 12 tragenden Pfeiler fertig gebaut und warten auf den nächsten Arbeitsschritt). Hier wird der Beweis erbracht, dass der schnell nachwachsende und viel CO2 bindende Bambus das Abholzen von Regenwald im Hausbau komplett überflüssig machen kann.
Schwierigkeiten macht jedoch weiterhin die Beschaffung des Rohmaterials: Für größere Aufträge ist derzeit das lokale Angebot noch zu klein bzw. es mangelt an der benötigten Qualität. Auch können pro Monat nur eine begrenzte Zahl abgenommen werden, da die Stangen vor der Immunisierung nicht zu trocken werden dürfen. Damit das Bambus-Geschäft zu einer wirtschaftlich tragende Säule der FS wird, braucht es also noch Geduld und Anstrengungen für die Entwicklung des lokalen Angebots.

Kurze Pause

Nicht ohne Interessenkonflikte erweist sich im Bambus-Bereich auch die Rolle von FS als bedeutendem lokalen Arbeitgeber: Begehrt und rar ist Arbeit zu fairen Bedingungen, auch über die Insel hinaus. Michi, César und auch diejenigen, die zum aktuellen Arbeiter-Pool gehören, werden von Freunden und Verwandten gedrängt, ein gutes Wort für sie einzulegen. Aber Michi muss ja letztlich Qualität liefern, für die es Vertrauen, Kompetenzerwerb und Kontinuität braucht – jeder Wechsel birgt Risiken. Hinzu kommt das Ziel, junge Menschen von der Insel gezielt zu fördern, um deren Zukunftschancen zu stärken. Diese Ziele unter einen Hut zu bringen, stellt Michi und Joëlle immer wieder vor Herausforderungen!

Agroforstwirtschaft und Wiederbewaldung

In der Kakao-Plantage, in der in wenigen Wochen geerntet werden kann, faszinierten mich die jüngsten Versuche der experimentierfreudigen FS-Leitung: Vanille-Ranken schlängeln sich an der Oberseite einiger Kakaopflanzen zum Licht – ob dies die Entwicklung der Kakaoblüten behindert, die ja direkt am Stamm ansetzen? In einem anderen Teil des Feldes stehen Kakao und Urwaldbäumchen im Wechsel, gleichfalls ein spannender neuer Ansatz.

Ahuanos nach dem Eintopfen


Highlight aus Perspektive des Volontärs jedoch war das Einpflanzen von Ahuano- (=Mahagoni-)Setzlingen in kleine „Töpfe“ aus Bambus-Schnittresten: Die von Michi höchst erfolgreich gezogenen Samen (40 von 40 waren aufgegangen!!) lassen den Traum von 40 stolzen Urwaldriesen träumen. Dies wird zwar noch viele Jahre dauern, und ist gerade deshalb so richtungsweisend: Bäume und eine lebenswerte Welt für nachfolgende Generationen – dies ist eines der zentralen Ziele von FS und Selva Viva!

Ahuanos nach einem Monat

Zum Schluss noch ein anderes Thema der letzten Wochen, das uns nicht wenig in Atem gehalten hat: „Wachwechsel“ bei den Hunden: Bombi und Sinchi sind nun an manchen Tagen sichtlich müde und unbeweglich – gerade schaffen sie es dann noch, bei Besuchen aufzustehen und mitzubellen. Zunehmend wird vor allem Sinchi auch senil und altersstarrsinnig: manchmal trabt er zügig los und weiß offenbar nach einigen Schritten gar nicht mehr, warum! Auch den Befehl beim Haus zu bleiben, vergisst er dann manchmal gleich wieder und trabt dann doch den Kollegen hinterher… Die beiden jungen Hunde jedoch sind noch nicht so ganz für ihre zukünftige Aufgabe bereit: Die 2-jährige kleine Yuma begibt sich immer wieder einmal auf mehrstündige (Jagd-?)Ausflüge – 2 mal war sie sogar über Nacht weg. Der 8 Monate alte Hector ist zwar schon ausreichend energisch und furchteinflößend, aber seine Verspieltheit bringt ihn manchmal noch auf Abwege: Er verstrickt sich dann in Spielereien mit Yuma, anstatt auf das Haus aufzupassen. Ob es auch seine aufdringlichen Aufforderungen zum Spiel sind, die Yuma letztlich vom Haus wegtreiben, oder ob er sich umgekehrt von Yuma zu ausgedehnten Ausflügen verführen lässt – für die Erfüllung seiner Aufgabe als Wachhund steht Hector dann jedenfalls nicht zu Verfügung! 🙂

Erschöpfte Ausreißerin

Für immer fehlen wird der FS die halbwilde Katze Fantasma. In den letzten Tagen war ihre Kopfwunde wieder aufgegangen und immer größer geworden. Als sie den zweiten Tag morgens nicht mehr nach ihrem Futter rief, wurde es Zeit zu handeln. Joëlle übernahm die traurige Aufgabe, sie zum Einschläfern nach Tena zu bringen. Jetzt ruht sie an einem schönen Ort auf dem Gelände der Finca unter einem neu gepflanzten Bäumchen.

Mehrere Verluste gab es auch bei den Meerschweinchen. Wieder einmal hatten sie einen Weg gefunden, ihr eingezäuntes Terrain zu verlassen. An aufeinander folgenden Tagen fanden wir jeweils ein totes Tier am gleichen Platz außerhalb des Zauns. Inzwischen ist nur noch ein einziges Tier übrig. Ob es wirklich eine Schlange war, wie wir aufgrund der fehlenden Wunden und des aufgeblähten Bauches vermuten, wird sich nicht abschließend klären lassen.

Sehr aktiv waren in diesen 4 Januar-Wochen auch wieder die Termiten. Gleich viermal tauchten sie in langen Kolonnen und mit ihren typischen Gängen auf, einmal am Geräteschuppen und dreimal am kleinen Schulhäuschen. Dort nutzen sie zum Eindringen das an verschiedenen Stellen brüchig gewordene Zementfundament, was die Bekämpfung schwieriger macht.

Müde aber Glücklich!
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Die Plagegeister sind da

Unsere liebe Leitkuh Brunella ist leider gestorben. Sie war eine der ersten Kühe die Sigi (Don Sigifredo) ganz am Anfang gekauft hatte und darum wissen wir, dass sie über 17 Jahre alt wurde. Sie hat dieses Jahr noch ein Kalb auf die Welt gebracht. Wegen ihres Alters war sie die unangefochtene Chefin. Jetzt fehlt sie sehr in der Herde und die anderen Kühe haben noch keine Nachfolgerin erkoren. Das macht unsere Arbeit anstrengender da die Tiere momentan nicht mehr als Herde auftreten und wir sie deshalb oft lange suchen müssen. Das reintreiben zum Sammelplatz ist auch eine Herausforderung da keine voran gehen möchte, hoffentlich finden sie bald eine neue Nummer Eins.

Brunella die Leitkuh

Brunellas Verlust hat uns hart getroffen, leider auch finanziell. Wir wollten sie verkaufen sobald das Kalb etwas grösser ist, aber jetzt ist sie einfach so gegangen. Da sie am Morgen Tod in der Weide lag und ein Schlangenbiss ausgeschlossen ist, haben wir sie Alirio geschenkt. Er ist der junge Familienvater für den wir das Bambushaus bauen dürfen. Wir gaben ihm die Kuh mit der Bedingung das Fleisch so zu verteilen, dass die Familien die davon bekommen ihm dann helfen werden das Material für den Hausbau zu transportieren. Natürlich war er damit einverstanden. Mal schauen wie viele Leute dann wirklich mithelfen werden. Mit dieser Lösung haben wir keine Lohn und Verpflegungskosten, da diese ja somit im Voraus schon beglichen wurden. Nächste Woche geht es endlich mit dem Bau des Fundaments weiter. Wir werden 12 m3 Sand und 50 Sack Zement angeliefert bekommen. Das ganze muss am Montag mit Hilfe eben diesen Familien die Fleisch bekamen auf die Insel transportiert werden, so dass wir bis Ende Jahr die Zementpfosten giessen können.

Wir haben, wie bereits berichtet, einen kleinen Auftrag bekommen wo wir Bambus liefern dürfen. Der hat sich mit Claus Hilfe gerade verdoppelt aber wir sind schon etwas am Rotieren, denn die Lieferung sollte am liebsten Gestern schon gewesen sein. Ja, auch in Ecuador kommt das vor. Wir lassen uns aber darum nicht aus der Ruhe bringen und machen einfach was wir können. Wir merken aber jetzt schon, dass wir bei Eilbestellungen schnell an unsere Grenzen kommen. Wir dachten recht grosszügig gebaut zu haben, aber Michi weiss schon jetzt wo wir uns vergrössern können. Dafür müssen aber noch so einige Bambusstangen verkauft werden oder das Christkindchen legt uns ein riesiges Geschenk unter den Baum.

Immunisierte Stangen zum Verkauf

Wie aus dem Nichts ist ein Tierchen ähnlich dem Borkenkäfer aufgetaucht. Er befällt unsere neu immunisierten Bambusstangen. Genau, das Immunisieren Hilft gegen den Befall von Käfern und anderen Insekten. Leider wissen die Käfer nicht, dass sie beim Fressen sterben und so beissen sie kräftig zu und bohren unsere Stangen an. Nach 1 mm des genüsslichen Festmahls sterben sie dann aber weil sie wegen des Salzes austrocknen. Dem Bambus macht das nichts aber die vielen kleinen Löcher sehen nicht so schön aus wen man die Stangen verkaufen möchte. Wir haben bei unseren Mittarbeitern nachgefragt woher die Kerlchen auf einmal kommen und warum sie nur gerade die neusten Stangen befallen und vor allem warum sie den  nicht behandelten Bambus in Ruhe lassen. Keiner konnte uns eine Antwort geben. Auch sie haben ein derartiges Auftreten noch nicht erlebt und während wir so am Reden waren, flogen direkt neue Käfer umher und alle wollten sich verköstigen. Wir haben auch bei anderen Spezialisten nachgefragt und keiner konnte uns sagen woher sie kommen, ausser dass sie bei Neumond vermehrt auftreten. Jetzt müssen wir leider doch etwas Insektengift anwenden um die Plagegeister fernzuhalten. Aber nun wissen wir es und schauen wie sich das weiter entwickeln wird.

Joëlle ist zurück in Ecuador und schon wieder voll bei der Arbeit. Die Gesetze haben mal wieder geändert und wir müssen nun neu ab dem 1. Dezember elektronische Rechnungen mit elektronischer Unterschrift ausstellen. In der Schweiz wäre so was wahrscheinlich sehr einfach zu bewerkstelligen, ist hier aber leider wie immer eine richtig grosse Aufgabe. Alleine die elektronische Unterschrift zu erhalten ist ein Kampf. Ohne die Hilfe unseres Freundes und Anwalt wäre Joëlle vermutlich verzweifelt. Dank ihm hat es recht schnell geklappt und ab nächstem Jahr werden wir nur noch elektronische Rechnungen ausstellen. Natürlich auch nur dann, wenn es Joëlle noch bis Ende Jahr hinbekommt mit der elektronischen Unterschrift auch das nötige Programm runterzuladen und zu aktivieren… Ab dann ist Michi raus, da er der Meinung ist es nicht verstehen zu können. Für Michi ist es eine grosse Erleichterung, dass er nicht mehr alleine hier ist denn die Arbeit ist gerade schon etwas viel und erdrückend.

In der Kakaoplantage schneiden wir gerade die Wassertriebe raus und haben zu unserer Freude festgestellt, dass die Kakaobäume viel mehr Blüten tragen und dass unsere Vanille super wächst. Das Experiment die Vanille an den Kakaopflanzen hochwachsen zu lassen scheint zu funktionieren. Mal abwarten wie die Kakaoernte ausfallen wird und wir hoffen, dass wir nächstes Jahr auch die ersten Vanilleblüten haben werden.

Wir möchten uns an dieser Stelle bei unseren Familien und allen Freunden bedanken die uns immer mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und natürlich ein riesiges Dankeschön an alle Pflanzenpaten und Gönner, die uns so grosszügig unterstützt haben und wir hoffen, dass sie uns auch weiterhin begleiten werden! Wir wünschen allen ein ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr.

Das Team von Finca Don Sigifredo beim Weihnachtsapéro
Hector wünscht allen frohe Weihnachten
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Wir haben noch viel vor

Für unser Bambusprojekt sind die Lagerhalle und die ersten Regale endlich fertig errichtet und wir haben bereits begonnen sie langsam zu füllen. Wir hatten extra ein Becken von 13 Metern gebaut um zwölf Meter Stangen immunisieren zu können, was wir nun auch das erste Mal taten.

Der Riesenbambus (bambú gigante) ist über 20 Meter lang und hat einen Durchmesser von bis zu 25 cm am Fuss. Er wächst auch in unserer Region und bei einigen Familien ist er erntereif. Wir haben uns mit Remigio geeinigt, dass wir zehn Stangen ernten dürfen um so Erfahrung sammeln zu können. Denn Riesenbambus so zu schneiden das er nicht splittert und dadurch unbrauchbar wird, muss gelernt werden. Wir hatten uns zum Glück gute Instruktionen von einem Spezialisten geholt und so ist uns tatsächlich keine Stange kaputt gegangen. Remigio staunte darüber nicht schlecht, denn ihm sind leider alle gesplittert. Wir schnitten den Bambus auf die richtige Länge zu und danach transportierten wir die Stangen per Kanu und zu Fuss bis zum Becken. Das ist einfacher gesagt als es getan war. Zwölf Meter (frischer) Bambus hat ein Gewicht von über 500 kg. Fünf starke Männer brauchte es um die Stangen zu tragen.

Bevor die Stangen ins Becken gelegt werden können, müssen sie zuerst gewaschen und danach durchbohrt werden. Dafür hat Michael extra einen Bohrer XXL von 7 Metern hergestellt in dem er den Bohrer auf ein Armierungseisen schweisste. Zu Dritt werden dann damit die Stangen durchbohrt. Nach diesem Arbeitsschritt müssen die Stangen vom Riesenbambus für 14 Tage im Becken bzw. in der Salzwasserlösung bleiben. Da wir schon einige Erfahrung damit haben sechs Meter Stangen aus dem Becken zu nehmen ist das für uns „einfach“ geworden. Zwölf Meter Stangen sind jedoch etwas anderes und wir haben bei der ersten schon gemerkt, dass wir die Höhe des Daches leider etwas knapp berechnet haben. Wir mussten gut überlegen wie wir die Stangen wieder aus dem Becken rausbringen, so dass kein zu grosser Wasserverlust entsteht. Nach der vierten Stange hatten wir den Dreh raus. Das aufrechte Besonnen geht leider nicht, das hatte sich Mich doch etwas zu einfach vorgestellt. Diese Stangen werden nun liegend besonnt und danach gehen sie ins Regal zum Trocknen.

Wir haben viel gelernt und können nun auf Wunsch zwölf Meter Stangen behandeln und liefern. Wir werden nächsten Monat nochmals zehn Stangen Riesenbambus einkaufen, zum einen um zu üben und zum anderen um einen kleinen Vorrat anzulegen. Wir sind aber auch dabei den Vorrat der sechs Meter Stangen zu erhöhen, vor allem da wir für das nächste Jahr einen Grossauftrag in Aussicht haben. Das alles kostet Geld und unsere Reserven neigen sich dem Ende zu. Da ist uns jetzt im richtigen Augenblick ein Auftrag in den Schoss gefallen, wir dürfen ein kleines Bambushaus bauen. Es ist ein Geschenk von der Mutter von Christine von Steiger an ihren (mittlerweile erwachsenen) Patensohn. Für uns und seine Familie ist es ein Lehrobjekt. Unser Ziel ist es aufzuzeigen, dass man ganz ohne Holz ein Haus bauen kann. Das Budget ist leider nicht so hoch und die Familie die es bekommt, muss unentgeltlich mit helfen. Das machen sie aber gerne. So ist Michi nun am Planen, Rechnen und Vorbereiten – er wird jetzt auch noch „Architekt“. Nein, es wird eine ganz einfache Konstruktion sein die aber trotzdem geplant werden muss.

Wir schreiben so viel über das Bambusprojekt und dabei geht oft vergessen, dass wir ja noch viele andere Projekte am Laufen haben. Wir haben es endlich geschafft die Kakaoplantage fertig aus zu schneiden bzw. zu putzen – sie hatte dringend einen Verjüngungsschnitt nötig. Dabei haben wir sie auch gleich erweitert und ca. 50 neue Kakaobäume gepflanzt. In die Erweiterung der Plantage haben wir auch gleich noch einige Chuncho-Bäume gepflanzt. Das sind Bäume mit gutem Holz die man in zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren ernten werden kann. Die Vanille wächst gut und deshalb überlegen wir uns die Plantage zu vergrössern.

Leider brauchen die Kühe die meiste Aufmerksamkeit und viel zu viel Geld. Der Unterhalt der Weiden braucht viel Zeit und ist sehr teuer geworden. Leider hat der letzte Generalstreik dem Fleischpreis nichts gebracht, er ist noch immer auf demselben Stand wie vor zwölf Jahren. So vieles ist teurer geworden auch Kraftfutter, Mineralsalz, Medikamente und sogar der Transport der Tiere und dies obwohl der Benzinpreis gesenkt wurde. Wir haben unsere Kosten erneut durchgerechnet und sind zum Schluss gekommen, dass wir die Kuhherde verkleinern müssen damit wir weniger Weidefläche brauchen. Wir haben leider fast keine geraden Flächen die einfach und schnell von Unkräutern zu reinigen sind. In der Schweiz würden wir mit unseren Weideflächen wahrscheinlich «Subventionen für Bergbauern» bekommen doch verständlicherweise gibt es so etwas in Ecuador nicht. So haben wir uns schweren Herzens entschieden von elf auf vier Mutterkühe zu reduzieren, der Stier und die Kälber bleiben. Nun sind wir auf der Suche nach Käufern. Einige Kühe sind schon so alt, dass sie mit den jungen Stieren zum Metzger gegeben werden müssen. Da wir nun auf die Zucht von zukünftigen Zuchttieren umstellen behalten wir die vier schönsten und unserer Meinung nach besten Kühe. Wir sind nicht die Einzigen die unter dem Preisdruck leiden, auch unsere Niederländischen Nachbarn sind aus der Milchwirtschaft ausgestiegen. Sie bekamen für die Kuhfladen (als Dünger) mehr Geld als für die Milch. Jetzt haben sie noch ca. elf Tiere die zum einen ein Hobby sind und zum anderen als Düngerlieferant für ihre Vanilleplantage dienen.

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