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Besucher der Nacht

In Ecuador herrscht die schlimmste Dürre seit rund 60 Jahren. Es betrifft nicht nur den Regenwald, sondern das ganze Land. In den Anden brennt es überall. So auch letzte Woche in der Hauptstadt Quito. Das Feuer ist über einen Park bis in die Stadt reingekommen und hat einige Häuser zerstört. Auf Grund des Wassermangels wird logischerweise Wasser gespart, das heisst es wird Strom gespart. Bis die Stauseen wieder Normalstand haben wird es lange dauern. Bei uns wurde letzte Woche jeweils zweimal pro Tag für fünf Stunden der Strom ausgeschaltet, dies betrifft das ganze Land. Das macht es uns schwer etwas zu planen oder einkaufen zu gehen. Wer keinen Generator besitzt aber auf Strom angewiesen ist muss in dieser Zeit schliessen. Wir haben uns einen grösseren Generator gekauft, so dass wir das ganze Haus anschliessen können und Michael trotzdem noch in der Werkstatt arbeiten kann. Die Trockenzeit ist noch nicht vorbei und wir werden sehen, wie lange noch Strom gespart werden muss.

Durch die Dürre sind auch die Flusspegel gesunken. Wegen des niedrigen Wasserstands können die Kanus kaum mehr mit viel Last fahren. An den ehemals tiefen Stellen des Flusses entstanden kleine Lagunen, wo sich die Fische drin sammeln. Das heisst gesammelt hatten, denn es hat da keinen Fisch mehr. Einige Personen haben mit Dynamit gefischt. Ja, dies ist höchst illegal und auch sehr gefährlich. Leider ist es aber hier noch weit verbreitet. Wir verurteilen das aufs schärfste und jedes Mal, wenn wir einen Knall hören, schicken wir die Drohne von AmaSelva los um zu schauen wer es ist. Es sind immer wieder dieselben Personen, die wir beim Einsammeln der wenigen Fische fotografieren.

Da wir den Akt des Reinwerfens des Dynamits nicht festhalten können, haben wir keine offiziellen Beweise und können deshalb auch keine Anzeige machen. Wir sprechen aber mit den Leuten und verweigern ihnen folglich jegliche Hilfe oder Zusammenarbeit. Leider sehen das nicht alle hiesigen Umweltorganisationen so wie wir, sogar dann nicht wenn es direkt vor ihrem Strand geschieht. Auf unserem Flussabschnitt ist es sichtlich ruhiger geworden, seit wir die Drohne zum Fotografieren der Täter fliegen lassen. Dafür hat es Flussabwärts jetzt zugenommen. Der niedrige Flussstand hat leider auch die Goldwäscher angelockt. Die Flussufer werden mit kleinen Waschanlagen, sogenannte Dragas, richtiggehend ausgewaschen.

Draga mit Saugschlauch im Einsatz
Ein wenig Flussabwärts wurde die Wäsche im vom aufgewühlten Schlamm verschmutzten Wasser gewaschen…
…und zum Trocknen auf die Steine gelegt.

Ja, auch das ist illegal und wir können nichts dagegen machen. Bis die Polizei sie auf frischer Tat stellen kann, sind die Goldwäscher längst vorgewarnt und haben mit dem Waschen aufgehört. Auch hier kennen wir die Leute, die Gold waschen, und wen wundert es… es sind immer die gleichen Familien. Leider mussten wir feststellen, dass der Besitzer einer Öko-Lodge und eines Naturschutzprojekts ebenfalls Gold waschen lässt. Er besitzt selbst eine Draga und seine Mitarbeiter waschen für ihn Gold – für uns unverständlich. Nicht nur, dass man den Lebensraum vieler Wassertiere zerstört, auch der Lärm der Wasserpumpe ist für uns wie aber auch für Touristen sehr nervend. Wir sind dabei die Zusammenarbeit mit den betreffenden Projekten zu beenden, da wir auf keinen Fall damit in Verbindung gebracht werden wollen. Um es mit den Worten einer Frau zu sagen, die ihn von ihrem Land verwiesen hat: Warum macht er das? Er hat doch eine Lodge, ein Naturschutzprojekt und ein teures Auto, er hat doch alles. Warum muss er noch unser Land abwaschen? Auf meinem Land wird nicht gewaschen, ausser ich tue es selbst.

Wir haben immer mal wieder nächtliche Besucher. Über die einen freuen wir uns mehr und über die anderen etwas weniger. Wenn der Greifstachler (Coendou spp.) bei uns vorbei kommt, riecht Michael ihn schon von weitem oder er weiss, dass er mal wieder da war. Der Greifstachler gehört zu der Familie der Nagetiere und ist in der Nacht unterwegs. Die männlichen Tiere haben eine Drüse die – sagen wir es mal so – in der menschlichen Nase nicht gut riecht aber für seine Damenwelt unwiderstehlich ist. Greifstachler sind eher gemütliche Tiere und bewegen sich langsam; nur keine Eile. Aufgrund der Stacheln haben sie fast keine Fressfeinde, ausser der Harpyie, auch Affenadler genannt, und dem Jaguar. Solange er unser Holzlager nicht anfrisst, ist er willkommen.

Uns besuchen aber auch einigen Schlangen in der Nacht. Die Abgottschlange (Boa constrictor) frisst hauptsächlich kleine Nager oder kleine Opossums. Somit ist sie herzlich willkommen bei uns. Die Regenbogenboa (Epicrates cenchria) ist schon etwas seltener, aber auch nicht so beliebt. Ihren Namen hat sie wegen der Lichtbrechung auf ihrer Haut, die bei Bestrahlung wie ein Regenbogen schimmert. Geschlechtsreife Tiere leben hauptsächlich am Boden und jagen da auch. Immer wenn eine Henne Küken hat, bleibt sie mit ihnen in der Nacht, die ersten zwei Wochen, am Boden und wärmt so die Küken. Das ist der Moment wo die Regenbogenboa kommt und die Küken lautlos unter der Henne rausholt. Beim zweiten oder oft auch erst beim dritten Jungtier merkt die Henne, dass da was nicht stimmt und wird nervös, da sie die Schlange in der Nacht nicht gut sehen kann. Durch das nervöse Gackern werden wir dann aus dem Schlaf geholt und gehen nachschauen. Die Schlange hat es nicht eilig, warum auch, wenn sie sich schnell bewegt wird sie von den Hühnern ja entdeckt. Uns sind so leider schon einige Küken abhanden gekommen. Unser Hühnerstall bietet Schutz gegen Fressfeinde, aber eine Schlange findet immer irgendwo ein Loch, etwa so wie die Mäuse.

Regenbogenboa mit Beute
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Aktiver Waldschutz

Letzte Woche mussten wir leider unseren lieben Bombi gehen lassen. Er ist am 26. Dezember 2011 zu uns in den amaZOOnico gekommen und hat von da an unser Leben bereichert.

Aufgewachsen ist er mit Navi, einem Tapir, der die ersten vier Monate seine Spielkameradin und beste Freundin war. Bis sie zu gross wurde und in ein eigenes Gehege umzog.

Er reiste mit uns in die Schweiz, wo er den Winter am liebsten mochte. Im Sommer fand er, dass der Garten für ihn völlig ausreichte. Noch besser fand er Wasser, zumindest solange er mit seinen Pfoten Bodenkontakt hatte, denn Schwimmen war nicht so sein Ding. Sinchi und Bombi waren ein unzertrennliches Team.

Bombi liebte es neue Wege zu erkunden, da war ihm kein Aufstieg zu steil. Aber erkunden bedeutete für ihn, nur ein einziges Mal den gleichen Weg zu gehen. Ein zweites Mal ging ja gerade noch, aber warum man ein drittes oder sogar ein viertes Mal den gleichen Weg gehen sollte, verstand er gar nicht. Familie Niebecker, die immer unsere Hunde in den Ferien hütete, kann davon ein Liedchen singen. Er kam auch wieder mit uns nach Ecuador. Die letzte Zeit verbrachte er noch mit dem Bewachen des Hauses und hatte, wen wundert’s, keine Lust mehr in den Wald zu gehen… den kannte er ja schon. Unsere anderen Hunde konnten von ihm Abschied nehmen. Sinchi war etwas verwirrt und hat lange nach seiner Nummer Zwei gesucht. Wir alle vermissen ihn sehr, er wird immer einen Platz in unseren Herzen haben.

Wir sind immer aktiv, um unseren Wald zu schützen. Michi und César laufen regelmässig durch den Wald, um die Wildkameras zu kontrollieren und um Drittpersonen zu zeigen, dass sie hier nichts verloren haben. Auch bei Selva Viva helfen wir mit. Dafür haben wir eine Drohne von AmaSelva – Bündnis Urwaldschutz e.V. bekommen. Als Michael einer seiner Drohnenflüge über Selva Viva machte, entdeckte er eine Goldmine direkt an der Grenze zum Schutzwald. Wir haben einen Zusammenarbeitsvertrag zwischen Finca Don Sigifredo und Selva Viva und sind Genossenschafter der GSR, aber nicht nur deshalb meldete er seine schreckliche Entdeckung umgehend dem Vorstand von Selva Viva. Es wurde eine Dringlichkeitssitzung einberufen mit verschiedenen Vertretern, unter anderem war auch ein Umweltanwalt dabei. Michi machte dafür nochmals aktuelle Aufnahmen. Mit Schrecken stellten wir fest, dass die Mine innert kurzer Zeit sehr schnell gewachsen ist. Noch am gleichen Abend bekam Joëlle einen Anruf vom Minen Betreiber. Michi war nach einem kurzen Schreckmoment so geistesgegenwärtig, dass er das Gespräch aufgezeichnet hat. Der Mann drohte nicht uns persönlich, da Joëlle ihm erklärte, dass wir im Auftrag von Selva Viva handelten. Er drohte aber Selva Viva mit dem Abholzen von einigen Hektaren Wald sollte er nicht in Ruhe weiter Goldwaschen können. An der Sitzung war man sich einig, dass man dringend etwas unternehmen muss. Es wurde ein Mandat an den Anwalt vergeben. Leider hat sind im Nachhinein herausgestellt, dass nicht alle Personen, die an der Sitzung dabei waren, ganz ehrlich gewesen sind. So stehen nun einer raschen Bearbeitung leider einige Hindernisse im Weg. Der Vorstand von Selva Viva und der Anwalt gehen aber weiter gegen die illegale Goldmine vor. Das ist auch gut so, denn Michi hat bereits wieder neue Fotos gemacht und die zeigen, wie rasant die Mine wächst und wie immer mehr Wald zerstört und der Fluss Rio Rodriguez verschmutz wird.

Starke Vermutzung des Wasser

Der Anwalt sieht gute Chancen, dass dem Treiben ein Ende gemacht wird, da die Regierung seit kurzem vermehrt und viel aggressiver gegen illegale Mienen vorgeht. Früher wurde, wenn überhaupt, die Gerätschaft beschlagnahmt. Heute wird sie vor Ort zerstört, das ist bedeutend billiger und effektiver. Vor einigen Tagen wurde in der Region Tena eine Mine samt Gerätschaften zerstört. Mit dem vor Ort beschlagnahmten Diesel wurden kurzerhand die Bagger und Waschanlagen in Brand gesetzt, oder sogar mit dem vorgefundenen Dynamit gesprengt. Dies belegen Bilder und Videos der Armee. So wurden in den letzten Wochen mehrere kleine und grosse Goldminen in der Amazonía zerstört, wir hoffen auf das Gleiche für die Bedrohung direkt vor unserer Haustür.

Aufnahme vom 23. August 2023
Aufnahme vom 12. September 2023
Aufnahme vom 29. September 2023

Bei uns ist auch sonst noch einiges los wir sind immer noch damit beschäftigt unser Bambuslager zu füllen. Die Trockenzeit ist sehr gut, um schnell Bambus zu trocknen und so unser Lager aufzufüllen. Michi nutz die Zeit auch um Möbel und sonstiges aus Bambus zu bauen. Die Verarbeitung wird immer sauberer und genauer. Das Bambusbett ist sein letztes Werk, das ebenfalls ohne Metall gebaut wurde.

Gecko aus einer Bambuswurzel mit Kokosnusskopf

Joëlle hat einen Nebenjob angenommen, um so unser Leben finanziell zu unterstützen. Sie redigiert Dokumente für eine Schweizer Firma. Das kann sie gut in Ecuador machen, dafür muss sie nicht in der Schweiz sein.

Leider haben wir einen grossen Rückschlag in unserer Vanilleplantage erlebt. Bei einer Nacht- und Nebelaktion wurden unsere Vanillepflanzen allesamt gestohlen, über 100 Pflanzen! Wir hatten ja die Idee, die Plantage in die bestehende Kuhweide am Waldrand zu integrieren. Das ist aber nicht direkt bei unserem Haus und das wurde uns zum Verhängnis da wir sie dort nicht unter Kontrolle hatten. 60 cm Vanillepflanze kostet rund 2 Dollar. Das ist viel Geld bei über 100 Pflanzen von insgesamt über 300 Metern. Das verlorene Geld ist das eine Übel, schlimmer sind die fast drei Jahre Arbeit die jetzt kurz vor der ersten Blühte weg sind, es ist alles vorbei. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen und sind schon auf der Suche nach einem sichereren Standort für die neue Plantage.

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Tage wie diese

Es gibt Tage, da geht einfach alles schief und man wäre besser im Bett geblieben. Wir haben gleich einige davon eingefahren, genau gesagt waren es drei hintereinander. Wir wollten am Sonntag nach Ahuano fahren, um neue Drohnenaufnahmen von der illegalen Mine zu machen. Auf der Fahrt dorthin ist uns der Stossdämpfer gebrochen, aber das war ja nur eine Frage der Zeit bei den hiesigen Strassenverhältnissen. Nicht so schlimm, das ist eigentlich recht schnell repariert. Allerdings müssen wir dafür extra nach Tena fahren, was recht zeitaufwendig ist. Als wir dann am Abend draussen vor dem Haus die neuen Drohnenaufnahmen anschauten, bemerkten wir, dass Wasser aus dem Boden drang. Unsere Befürchtung wurde war, wir hatten einen Wasserrohrbuch. Das bedeutete kein Wasser mehr im Haus und es drohte der ganze Tank leer zu laufen, was das Schlimmste gewesen wäre. Da so etwas nicht bis zum nächsten Morgen warten kann, begann Michi sofort den Boden aufzureissen, um das Loch zu suchen.

Nach einer guten Stunde Spitzen und Graben hat er es dann auch gefunden. Die Schlauchverbindungen waren auseinander gerutscht da die Brieden durchgerostet waren. Michi konnte es noch am selben Abend provisorisch flicken, sodass wir wieder Wasser hatten.

Die Brieden waren durchgerostet

Am nächsten Tag baute er eine richtige Schweizer Lösung mit Schacht und Wasserhähnen für die einzelnen Häuser.

Dann wollten wir unseren Bambus aus dem Immunisierungsbecken holen, womit wir auch begannen. Doch als das Kugellager des Flaschenzuges platzte und uns die Kugeln auf den Kopf fielen, war Michi zum Glück schon vorbereitet und hatte bereits Ersatz besorgt. Wir montierten einen Flaschenzug für  zwei Tonnen Traglast, der sollte nun halten. So schafften wir es dann doch noch, den ganzen Bambus aus dem Becken zu holen. Ebenfalls wollten wir an diesem Tag auch noch die neue Tischsäge einweihen, ja genau wollten. Wir stellten fest, dass wir beim Transport einen kleinen Schaden verursacht hatten und die Sägeblätter nicht mehr gerade liefen. Zum Glück konnte Joëlle den Stossdämpfer noch nicht reparieren lassen, so konnte sie die Tischsäge auch gleich mitnehmen. Am Mittwoch war dann  der Spuk vorbei und alles wieder repariert und funktionstüchtig.

Wie wir zu Beginn dieses Berichts erwähnten, haben wir nachgesehen wie sich die illegale Mine weiterentwickelt hat. Wir waren erschüttert, als wir das Ausmass sahen. Offiziell existiert die Mine für den Ausbau der Strasse die von Misahuallí nach Ahuano führt. Natürlich wollten wir uns diese Strasse anschauen. Uns fiel die Kinnlade runter, als wir die Luxusstrasse sahen. Ja im Ernst, so einen Aufbau einer Strasse hatten wir in Ecuador noch nie gesehen. Es gibt fünf verschiedene Schichten mit einem Netz dazwischen, damit das Material nicht abrutschen kann. Und das Beste: Es wird nicht mit gewaschenem Sand aus der „offiziellen“ Mine gebaut, nein, alles ist gebrochenes Material von grossen Steinen. Natürlich, weil es besser verdichtet und besser hält, nur wissen wir nicht, woher dieses Material kommt. Vielleicht ja aus der offiziellen Mine in Misahuallí?

Zu guter Letzt wird das Ganze dann noch mit einer super Asphaltschicht überzogen.

Und das alles tatsächlich nur, um die Strasse zwischen Ahuano und Misahuallí auszubauen. Das ist ungefähr so, als würde man eine Autobahn zwischen Ittenthal und Sulz bauen. Braucht keiner, ausser natürlich den Profiteuren des Systems. Die Strasse, an der wir wohnen und die die beiden Provinzhauptstädte Tena und Coca verbindet, ist auf 62 km eine Schotterstrasse, die teilweise nur mit 4×4 befahrbar ist. Für die Instandhaltung oder den lang ersehnten Ausbau fehlt hier aber den jeweiligen Regierungen das Geld. Nun fragten wir uns natürlich: Wenn die neue Strasse mit gebrochenem Material gebaut wird, wohin kommt dann der Sand aus der Mine? Die Antwort haben wir bei unserem Drohnenflug gefunden. Von der neuen Strasse zweigen immer wieder neue Nebenstrassen ab. Wir haben Dutzende von kleinen und großen Goldminen und Goldwaschanlagen entdeckt. Die Anlagen schossen in kürzester Zeit wie Pilze aus dem Boden. Dort haben wir auch unseren Sand wiedergefunden. Die Farben in den verschiedenen Becken sehen nicht gerade gesund aus, was vermuten lässt, dass da Chemikalien zum Einsatz kommen.

Das Ganze liegt an einem Fluss, von dem viele Menschen leben. Es schmerzt uns sehr, das mit ansehen zu müssen. Aber aufgrund der politischen Situation und vor allem zu unserer eigenen Sicherheit können wir nichts dagegen tun. Wir werden es aber weiter verfolgen und wenn sich eine sichere Möglichkeit ergeben sollte, werden wir versuchen, etwas zu unternehmen.

Die Trockenzeit hat begonnen. Das heisst, es regnet nicht mehr so viel und die verschiedenen Bäume beginnen zu blühen oder werfen ihre Blätter ab. Für viele Vögel ist jetzt Brutzeit und das bedeutet viel Balzgezwitscher und Balztänze. Michi wird dann im nächsten Blog darüber berichten. Die Trockenzeit ist aber auch die Zeit der schönen Sonnenauf- und vor allem -untergänge. Fast jeden Abend staunen wir aufs Neue über die ungeheure Farbenpracht.

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Vor unserer Haustür

Die Kakaoernte hat begonnen. Bis Mitte Juni können wir nun alle 2-3 Wochen Kakao ernten. Wir waren sehr gespannt, wie die erste Ernte dieses Jahr ausfallen würde. Sie war sehr gut und wir hatten fast keine pilzbefallenen Schoten mehr. Ja, das rigorose Beschneiden hat sich ausgezahlt. Wir konnten auf Anhieb 100 kg ernten. César und sein Bruder haben die Schoten geerntet und Michael war den ganzen Tag damit beschäftigt, sie zu öffnen.

Geerntete Kakaoschoten beim ehemaligen Saustall

Bei der zweiten Ernte mussten wir leider feststellen, dass wir bestohlen wurden. Ein Drittel der Plantage war abgeerntet! Da die Plantage nicht direkt am Haus liegt, haben wir sie nicht immer unter Kontrolle. Wir gehen jetzt mit Kameras vor, um die Diebe auf frischer Tat zu ertappen.

Wir haben eine grössere Bambusbestellung für den Herbst in Aussicht und haben deshalb begonnen, einen kleinen Vorrat an Riesenbambus anzulegen. Wir haben ihn schon gekauft und müssen ihn nur noch ernten. Auch hier werden wir immer schneller und die Abläufe werden langsam zur Routine. Um 70 Bambusse zu schneiden und zu waschen, brauchen wir nur noch 2 Tage, nach 3 Tagen ist er schon im Becken zur Immunisierung.

Als wir nach Ecuador ausgewandert sind, wussten wir schon, dass es hier offene Korruption gibt. Wir hatten Geschichten gehört oder gelesen und teilweise auch persönlich erlebt. Aber jetzt passieren Dinge direkt vor unserer Haustür, die uns fundamental erschüttern. Es gibt Momente, da wissen wir nicht mehr, ob das, was wir hier machen, überhaupt noch Sinn macht.

In einem Blog vom Februar haben wir bereits über eine illegale Goldmine berichtet. Diese Mine liegt von uns aus nur fünf Kilometer flussabwärts. Dort wurde der Flusslauf des Rio Napos stark verändert, indem ein über 100 Meter langer und ca. 6 Meter hoher Damm aufgeschüttet wurde, um in Ruhe Material abbauen zu können. Unser guter Freund Francisco, Besitzer der Anaconda Lodge, hat sich seit September sehr für die Schliessung der Mine eingesetzt. Er hatte mehrere Fernseh- und Radioauftritte und sammelte Beweise für die Bestechung der lokalen Behörden. Es ist bekannt, dass mehr als 500.000 Dollar geflossen sind und jeden Tag weiter fliessen. Für jeden Lastwagen, der Material aus der Mine abtransportiert, erhalten 3 grosse Familien (die viel Einfluss haben) je 1 Dollar. Täglich verlassen 50 bis 70 LKWs die Mine. Inzwischen wird Tag und Nacht abgebaut, was je nach Wind und Wetter auch bei uns zu hören ist. Die lokalen Behörden verkaufen das Treiben unter dem Deckmantel des Fortschritts oder geben vor, grosszügig Strassen zu bauen. Aber der Sand wird gewaschen und das Gold mit Quecksilber herausgelöst. Die Strassen führen einfach in den Wald und zu abgelegenen Flüssen, wo es auch Gold gibt. Dort leben kaum Menschen, deshalb braucht man auch keine Strasse für die Anwohner, denn dort ist nichts ausser Gold im Boden… Die regionalen Behörden dürfen gar keine Genehmigungen für neue Minen erteilen, das kann nur der Staat, genauer gesagt das Ministerium für Bergbau und nicht erneuerbare Ressourcen zusammen mit der Umweltbehörde, und die sitzen in Quito. Francisco ist der lokalen Regierung und den Minenbetreibern so auf die Füsse getreten, dass sie ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt haben. Die lokale Gemeinschaft mit ihrer lokalen Vertretung in Tena hat zur „justicia idigena“ aufgerufen, das bedeutet Selbstjustiz und das Gesetzt wird in die eigenen Hände genommen. Ja, man wollte ihn zum Schweigen bringen. Die Staatsanwaltschaft hat Francisco zu seinem eigenen Schutz unter Hausarrest gestellt. Von einer Rückkehr in sein Heimatland Chile wurde ihm abgeraten, da er auch dort nicht sicher wäre. Er und seine Frau haben nun ein humanitäres Visum für die USA erhalten und sind letzte Woche in einer Nacht- und Nebelaktion geflohen. Doch damit ist für ihn noch nicht Schluss. Er wird demnächst mit der internationalen Presse an die Öffentlichkeit gehen und hofft so, dass zumindest diese Mine geschlossen wird. Wir werden sehen, wie es weitergeht.

Für uns bedeutet das, dass wir nicht mehr überall und zu allem unsere Meinung sagen sollten, weil wir nicht wissen, wer in diese Korruption verwickelt ist. Auch in anderen Partnerprojekten trauen wir niemandem mehr, da wir aufgrund gewisser Vorkommnisse davon ausgehen müssen, dass gewisse Personen ebenfalls in den Geldfluss involviert sind. Die einzige Person, der wir im Moment noch vertrauen, ist unser Mitarbeiter César.

Die Mine befindet sich direkt beim Zusammenfluss von Rio Napo und Rio Arajuno

Somit sehen wir uns gezwungen, diese unsägliche Umweltzerstörung schweigend mit anzusehen. Denn zu unserem eigenen Schutz dürfen wir uns nicht öffentlich dazu äussern. Was uns endgültig und schmerzlich bewusst wurde, als sich Francisco aus Sicherheitsgründen gerade mal zwei Tage vor seiner Abreise von uns verabschiedete.

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Baggermangel in Tena

Heute Mal was Anderes zum Anfang. Im Napo Fluss gibt es bekanntlich viel Gold und da der Goldpreis in den letzten Jahren stark gestiegen ist lohnt es sich nun auch das Gold abzubauen. So entstand ganz in der Nähe von Tena ein unvorstellbar grosses Abbaugebiet am Rio Napo, wo man mit Baggern die Ufer und angrenzendes Land abgetragen hat umso an das Gold zu kommen. Die Bevölkerung hat während mehrerer Monate immer wieder dagegen protestiert. Es wurde kurzerhand auch einfach bewirtschaftetes Land umgebaggert und hat so viele Leute von ihrem zu Hause vertrieben. Da das ganze illegal war, und schon seit 2018 keine Lizenzen mehr für den Abbau von Gold vergeben werden, wurden leider auch Chemikalien wie Quecksilber eingesetzt. Das hat dann auch Umwelt Organisationen und die Presse auf den Platz gerufen. Der Druck auf die Behörden wurde schlussendlich zu stark. In einer grossangelegten Aktion sind das Militär und die Polizei auf gefahren und haben die Mine geschlossen. Vorgängig wurde weiträumig alles abgesperrt (ca. drei Quadratkilometer) und dann fand der Zugriff statt. Sämtliche Maschinen wurden beschlagnahmt und alle Anwesenden wurden verhaftet, auch wenn sie nur für gerade einen Tag ins Gefängnis mussten. Während drei Wochen wurde das beschlagnahmte Material abtransportiert und auf dem Polizeigelände geparkt. Es waren mehr als 150 Bagger, über 20 grosse und unzählige kleine Waschanlagen. Der Parkplatz war so voll, dass wir das Ausmass nicht auf ein einzelnes Foto gebracht haben. Mit der Drohne durften wir kein Foto machen da wir nicht von der Presse sind.

Nun hat es in der Provinz Napo zu wenig Bagger, weil jeder der keinen Bauauftrag hatte da am Goldwaschen war. Wenn man jetzt einen Bagger braucht muss man lange warten bis er kommt, denn um einen Bagger auszulösen muss man tief in die Taschen greifen. Zwischen 20`000 bis 30`000 Dollar kostet das Auslösen, das ist hier extrem viel Geld. Alle Maschinen die nicht innerhalb von zwei Jahren ausgelöst sein werden, werden dann versteigert. Solange stehen sie einfach rum und rosten vor sich hin. Es gibt immer noch viele kleine illegale Minen entlang des Napos. Die werden aber von Familien betrieben und dort wird von Hand abgetragen und häufig wird kein Quecksilber eingesetzt. Denn dafür haben die Meisten kein Geld und so ist der Schaden an der Umwelt auch nicht ganz so gross.

Der Jaguar geht bei uns um und macht die Kühe sehr nervös. Als Michael letzte Woche unsere Kühe kontrollieren ging stellte es fest, dass sie alle sehr dicht beieinander standen. Sie waren auf der hintersten Weide direkt am Waldrand. Obwohl es noch genügend Grass hatte, wollten sie nicht da bleiben. Michael war etwas irritiert wegen ihres Verhaltens. Auf dem nachhause Weg nahm er die Wildkameras mit die um die Weide herum platziert waren. Beim Auswerten der Fotos wurde ihm klar warum die Kühe so nervös waren. Nur vier Stunden zuvor hatte die Kamera einen Jaguar aufgenommen und das nur 100 Meter neben der Kuhweide. In den letzten vier Wochen wurden die Kameras dreimal durch den Jaguar ausgelöst.

Jaguar ganz in der Nähe unserer Kühe

Normalerweise zieht ein Jaguar herum und bleibt nicht so lange am gleichen Ort. Warum er nun so lange da ist wissen wir nicht, wir können nur spekulieren. Vielleicht blieb er länger weil es wieder mehr Wild bei uns hat.

Der Jaguar ist sogar am Tag unterwegs

Auf Grund der Kameraauswertungen wissen wir, dass der Wildbestand in den letzten Monaten zugenommen hat. Es wurden auch vermehrt seltene Tiere aufgenommen wie zum Beispiel Tayra, Tamandua (Kleiner Ameisenbär) oder auch Krabbenwaschbären. Uns freut es sehr wenn der Wald wieder anfängt zu leben und unsere Kühe sind zum Glück noch alle da. Ja, in der Schweiz haben die Schäfer es mit dem Wolf zu tun und wir hier mit dem Jaguar.

Krabbenwaschbären

Unser Bambus Projekt nimmt viel Zeit in Anspruch. Wir müssen auch sicherstellen, dass wir in Zukunft zu genügend Bambus kommen. Wir können uns da nicht nur auf die einheimische Bevölkerung verlassen. Darum haben wir einen Vertag mit unseren Niederländischen Nachbarn gemacht. Sie haben ca. drei Hektaren Bambus den wir für die nächsten vier Jahre ernten können. Diese Woche haben wir das erste Mal geerntet. Der Bambus wächst direkt an einem Fluss der in den Arajuno mündet der wiederum vor unsere Haustür vorbei fliesst. So haben wir kurzum die geschnittenen Stangen zu Flössen zusammen gebunden und sind den Fluss runter getrieben.

Touristen zahlen viel Geld dafür sich mal auf einem Floss den Fluss runter treiben zu lassen. Mal schauen ob wir das nächste Mal zahlende Begleitung finden. So sind nun die nächsten 65 Bambusstangen im Becken und wir fangen langsam an einen Grundstock an immunisiertem Bambus anzulegen.