Kategorien
Allgemein

Erfahrungsbericht von Adele

Es ist genau einen Monat her, dass Joëlle und Michi mich am Flughafen von Quito abgeholt haben. Ich denke dies ist ein guter Zeitpunkt um euch über meine Erfahrungen als Volontärin hier zu berichten und euch eine neue Perspektive auf die Abenteuer der Finca Don Sigifredo zu vermitteln.
Ich bin eine ehemalige Arbeitskollegin von Joëlle, interessiere mich für Permakultur und möchte die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen fördern. Ich habe beschlossen ein ganzes Jahr lang zu reisen und als Volontärin in verschiedenen Projekten, die in diesem Bereich aktiv sind, mitzuwirken. Dort zu helfen, wo es nötig ist und so viel wie möglich von denjenigen zu lernen, die bereits Erfahrungen auf diesem Feld gesammelt haben. Die Pandemie hielt mich in Europa etwas länger fest als erwartet. Aber mit dem Eintreffen der Kälte auf der Nordhemnisphäre erinnerte ich mich sofort daran, dass in der Wärme, kurz hinter dem Äquator, noch ein Projekt auf mich wartete. Ohne zu viel Zeit zu verlieren packte ich meine Koffer, kaufte mein Flugticket und weniger als eine Woche später stand ich bereits am Gate.
Als ich hier auf der Finca Don Sigifredo ankam, war es bereits Nacht. Das Aufwachen in der Morgendämmerung des nächsten Tages war unglaublich! Der Morgen ist die Zeit der Vögel: ein Chor aus Pfeifen, Rufen, Zwitschern und buntem Flattern. Das Licht enthüllt langsam die atemberaubende Aussicht auf den Rio Arajuno und den umliegenden Wald. Es fühlt sich an, als befänden wir uns mitten im Nirgendwo, isoliert von allem und jedem, aber das sind wir nicht. Der Wald ist bewohnt und übersät mit Holzhäusern der Kichwas mit ihren traditionellen Plantagen von Yucca, Platano und Mais, die unter dem Blätterdach des Waldes unsichtbar sind. Manchmal kommt aus dem Dschungel das Geräusch des Motors eines Kanus oder der Gesang eines Hahns. An den Wochenenden wird gefeiert und man hört die Musik bis zum Morgengrauen.

Eine Mission der Finca Don Sigifredo in Zusammenarbeit mit Selva Viva ist die Wiederaufforstung des Waldes mit Baumarten, die durch die Ausbeutung des Holzes bedroht sind. Leider hat der illegale Holzeinschlag die Präsenz erwachsener Bäume selbst im Primärwald so drastisch reduziert, dass es schwierig ist noch Bäume zu finden die groß genug sind um Samen zu produzieren. Selva Viva hat beschlossen die ausgewachsenen Bäume von seltenen Arten, die Samen produzieren können, zu kartieren. Die Samen werden dann gekeimt und die Setzlinge so lange gepflegt, bis sie eine geeignete Grösse für die Verpflanzung in den Wald erreicht haben. Als ich ankam hatte Michi bereits viele Samen der Spanischen Zeder (Cedro) erfolgreich gekeimt. Eine meiner ersten Aufgaben auf der Finca war es, sie in Säcke mit fruchtbarer Erde zu verpflanzen um sie wachsen zu lassen. Das Ergebnis waren 150 gesunde Setzlinge der Spanischen Zeder.
Die Finca will nicht nur Edelholz (madera fina), sondern auch Setzlinge von Obstbäumen produzieren. Diese sollen auf den Weiden gepflanzt werden. Diese Bäume haben eine doppelte Funktion: Schatten zu spenden und eine natürliche Nahrungsergänzung für die Kühe zu produzieren. Die Kühe scheinen die reifen Früchte, die von den Bäumen fallen, besonders zu lieben. Dazu sind weitere Früchte wie Arazá oder Grapefruit lecker für die Zubereitung von erfrischenden Säften. Aus den Früchten wird Saatgut gewonnen, in der Hoffnung neue Setzlinge zu erzeugen. Es ist nicht einfach zu erraten, welche die beste Bedingung für die Keimung der einzelnen Arten ist. Nicht alles keimt, aber so ist das Leben. Durch Versuch und Irrtum lernt man immer etwas.

150 Setzlinge der Spanischen Zeder
Hochbeete für die Keimung
Setzlinge der Grapefruit

Die erste Woche hier war eine Mischung aus tropischem Gärtnern und Macheten-Dschungel-Fitness. Hier wachsen die Pflanzen schnell, sehr schnell. Die Weiden müssen regelmässig gereinigt werden sonst verwandeln sie sich in wenigen Monaten in einen Sekundärwald. Unerwünschte Sträucher werden mit Machetenschlägen entfernt. Bei dieser Arbeit zeigt der Dschungel all seine Unwirtlichkeit: Ameisenbisse, Mückenstiche, brennende Raupen, giftige Spinnen, dornige Sträucher und sogar Blätter mit irritierendem Haar… Ich trage lange Hosen und Gummistiefel. Habe die Socken in die Hose gesteckt, um unerwünschte Eindringlinge von unten zu verhindern. Mein langärmeliges T-Shirt stecke ich auch in meine Hose. Dazu kommen noch die Lederhandschuhe und die Mütze um mich vor allem zu schützen, was von oben herabfallen könnte. Das gesamte Outfit ist sicher nicht stylish, aber es ist auch der einzige Weg unangenehme Interaktionen zu minimieren. Selbst zu Hause, weit weg vom Wald, ist man nie in Sicherheit. Der Abend in Flip-Flops ist ein bisschen zu gewagt gewesen. Die Sandfliegen hier sind skrupellos. Dasselbe gilt für das kurzärmelige Hemd. Es gibt kein Antibrumm das wirklich funktioniert. Unbedeckte Haut = Sandfliegenbisse.
Zu meinem Glück bin ich nie alleine wenn ich die Weiden reinige. Joëlle und Michi haben zwei Helfer aus der lokalen indigenen Gemeinschaft eingestellt, César und sein Sohn Widison. In der Vergangenheit hatte César als Touristenführer gearbeitet. Er kennt die lokale Fauna und Flora sehr gut und erklärt mir die Namen und Gewohnheiten der Tiere und die Eigenschaften einiger Pflanzen. Bei der Arbeit mit ihm gibt es immer etwas Interessantes zu lernen und es ist auch eine gute Gelegenheit mein Spanisch zu üben.
Mit der Machete wird in der Regel nur morgens gearbeitet, weil es nachmittags zu heiss wird. Obwohl ich mich in der Hitze immer sehr wohl gefühlt habe muss ich sagen, dass die Arbeit unter diesen Bedingungen für den Körper ziemlich schwer sein kann. Da wir uns nur ein Grad südlich des Äquators befinden, ist die Sonneneinstrahlung hier wirklich stark. Die Sonne, wenn sie scheint, sie brennt; die Feuchtigkeit in der Luft lässt einen fast ertrinken; und wenn es regnet dann sieht es aus als ob ein Wasserhahn gebrochen wäre. An heissen Tagen, nach der Arbeit gibt es nichts Besseres als ein schönes Bad im Fluss oder ein kühles Bier, um Körper und Geist zu regenerieren.
Am Wochenende kann man die Batterien wieder richtig aufladen und die Lage geniessen. Ein Spaziergang im Wald auf der Suche nach wilden Vanille- oder Zimtsetzlingen, ein guter Brunch nach Schweizer Art mit Rösti und Spiegelei oder einfach nur mit einem guten Buch in der Hängematte schaukeln. Hier zu leben ist ein bisschen wie ein digitales Detox. Das Internet ist da und es funktioniert aber es ist sooo laaaaangsam, dass seine Nutzung auf das Unverzichtbare reduziert wird.

Feierabend

Neben dem Wiederaufforstungsprojekt will Finca Don Sigifredo die Produktion und Verwendung von Bambus als alternatives Baumaterial fördern. Bambus wächst schnell und ist sehr widerstandsfähig, was ihn zu einer ausgezeichneten Alternative zu Holz als Baumaterial macht. Im Moment mangelt es auf der Finca jedoch nicht an Holz, es ist sogar fast unmöglich zu wissen wohin mit dem ganzen Holz. Vor vielen Jahren deponierte der Fluss einen Stamm Mindal (rosa Edelholz) am Strand vor dem Haus. Einige Bäume, die vom früheren Pächter gefällt wurden, liegen jetzt ungenutzt auf den Weiden. Andere sind aus natürlichen Gründen umgestürzt. César schneidet diese Stämme mit seiner Kettensäge in Scheiben als wären sie aus Butter. Das Ergebnis sind Bretter für die Herstellung von Möbeln, Pfosten für die Renovierung der Einzäunung der Kühe und Platten die für die Zementierung des Corrals (Sammelplatz für die Kühe) und der Kompostanalage verwendet werden. Alles wird aus Recyclingholz oder anderweitig Unbenutztem gebaut. Die Kettensäge habe ich natürlich nicht benutzt, aber ich konnte helfen das Holz aus dem Wald zu tragen und die Bretter für den Möbelbau zu schleifen und zu polieren.

Mindal
Latten geschnitten
noch mehr gefundenes Holz
Schleifen von Mindal

Die Erneuerung einiger der Zäune war wirklich dringend da die Kühe der Finca Don Sigifredo einen sehr eigenständigen Charakter haben. Manchmal entscheiden sie selbst, wann sie die Weide wechseln wollen und es gibt keinen Stacheldraht der sie zurückgehalten kann. Jeden Tag muss man sie suchen, prüfen wo sie sind, sich vergewissern, dass es ihnen gut geht und eventuelle Wunden behandeln. Sie sind sehr sportliche Kühe die keine Angst vor Schlamm oder steilen und rutschigen Hängen haben. Sie verstecken sich gerne in den Wäldern, es ist nicht immer leicht herauszufinden, wo sie alle sind.

Eines der letzten Projekte war die Restaurierung des Holzhauses in Chorongo Alpa. Dort war die Auswilderungsstation der Wollaffen, die in der Vergangenheit vom amaZOOnico benutzt wurde. Einige Teile der Struktur wurden von Termiten befallen und mussten ersetzt werden. Auch hier ist es der Wald der uns die Rohstoffe liefert: Bohlen und Balken werden aus einem riesigen Baumstamm gefertigt der in den nahe gelegenen Rio Rodrigues gefallen war. Gleichzeitig haben die Arbeiten zur Zementierung des Corrals begonnen. Dieser Ort ist besonders wichtig um die Kühe zu sammeln und zu kontrollieren. Aber wenn es regnet, verwandelt er sich in einen Sumpf und wird unbenutzbar. Die Zementierung war daher dringend nötig und wir müssen schnell arbeiten, da die Regenzeit immer näher rückt.

Für diese letzten Aufgaben brauchten wir ein paar zusätzliche Hände. Joëlle und Michi haben vorübergehend einige Mitarbeiter aus der lokalen Gemeinschaft eingestellt. Die Pandemie hat auch die Leute hier hart getroffen. Viele der Menschen die im Tourismus arbeiteten, haben keine Arbeit mehr. Auch dafür sind die Aktivitäten der Finca Don Sigifredo wichtig. Einerseits schafft sie Einkommen und Beschäftigung für die lokale Bevölkerung. Andererseits vermittelt sie den Menschen den Leitzweck der Finca, informiert sie über nachhaltigere Bauweisen, über konsistentere Einkommensquellen ohne Monokulturen und sensibilisiert für die Notwendigkeit des Schutzes des Waldes. Nur ein Beispiel: Gestern nach dem Mittagessen zeigten wir den Mitarbeitern die Bilder von einer Fotofalle, die einige Wochen in Wald aufgestellt war: Hirsche, Ameisenbären, Mardertiere, Warane, Wildschweine und viele Vögel.  Diese Aufnahmen weckten das Interesse unserer Mitarbeiter und zeigen die Wirksamkeit des Reservats für die Erhaltung der lokalen Wildbestände.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die einmonatige Volontärsarbeit mit ein wenig tropischem Gärtnern begann und nach einigen Schreinerarbeiten kamen wir zu echten Bauarbeiten.
Nach und nach ist die Arbeit physisch intensiver geworden. Ich versuche zu helfen so gut ich kann. Aber im Vergleich zu vier starken, gut akklimatisierten Einheimischen fühle ich mich etwas nutzlos. Bald erinnern mich Rücken- und Gelenkschmerzen daran, dass ich mich viel wohler fühle bei den Salaten im Garten als beim Sandschaufeln auf einer Baustelle.
Leider ist die Situation jedoch so, dass es im Moment nicht viele Gartenarbeiten auf der Finca Don Sigifredo gibt. Die Probleme mit dem vorherigen Pächter, der die Flächen der Plantage weiterhin ausbeutet als wären es seine eigenen, hindern uns daran mit der Arbeit auf diesem Land zu beginnen. Die Situation ist frustrierend. In Ecuador geht alles sehr langsam voran, aber Joëlle und Michi verlieren ihren Mut nicht. Sie wissen, dass derjenige vorankommt der am längsten durchhält. Früher oder später werden sie endlich in der Lage sein die Plantage einzurichten.
Im Allgemeinen war dieser Monat hier eine wunderbar abwechslungsreiche Erfahrung, die es mir ermöglicht hat viele Dinge zu lernen und auch meine Grenzen auszuloten. Ich bin sicher, dass ich vieles von dem was ich hier gelernt habe auch in anderen Projekten und neuen Situationen anwenden kann. Es ist jedoch schön zu wissen, dass ich zumindest einen kleinen Beitrag zu einem Projekt geleistet habe, das gleichzeitig in der nachhaltigen Landwirtschaft, der Wiederaufforstung des Waldes und der Förderung lokaler Gemeinschaften aktiv ist. Ausserdem, sollten alle 150 Setzlinge der Spanischen Zeder überleben und eine Höhe von 20 m erreichen, dann wäre der CO2-Ausstross meines Fluges (schätzungsweise 2,83 Tonnen) weitestgehend kompensiert. Sollte dieser Eintrag bei euch den Wunsch geweckt haben, dem Wintergrau zu entfliehen und in die Wärme hierher zu kommen dann wisst ihr auch, dass es hier an Arbeit nicht mangelt. Das Haus ist sehr gemütlich, Joëlle und Michi sind grossartige Gastgeber und ihr seid Alle willkommen!

Kategorien
Allgemein

Kauf und Einsatz einer Kettensäge (Rette den Regenwald mit Stihl)

Schnell war uns klar, dass wir eine Kettensäge brauchen. Michael unterhielt sich mit verschiedenen Personen wo man am besten eine Kettensäge kaufen kann und wer vertrauenswürdig ist. Es kristallisierte sich heraus, dass die offizielle Stihl-Vertretung die beste Option ist. Wir wollten eine mittelgrosse Maschine kaufen und liessen uns beraten. Die Auswahl an Kettensägen war gross. Wir entschieden uns für eine die etwa so gross ist wie eine normale Kettensäge für den Wald (in der Schweiz) und hier eine mittelgrosse ist (meinte Michi). Zu Hause wollten wir sie gleich nutzen um einen Kanal frei zu schneiden. César schaute sie nur an und meinte das ist eine Kettensäge für den Bau, eine Kleine eben. Für kleinere Arbeiten ist sie gut aber nicht für hartes Holz. Zu Michis Verteidigung: es gab noch fünf Modelle die kleiner und nur sechs die grösser waren. Und diese gekaufte Säge hat schon ein Vermögen gekostet. Nun gut, wir nutzen sie jetzt für die Arbeiten für die sie geeignet ist. Für alles andere, wofür sie nicht geeignet ist, leihen wir uns einfach eine Grosse aus (inkl. Mitarbeiter).

Wir brauchen Holz für Regale, Pfosten und für Bretter zum Betonieren. Michael fand am Strand auf unserem Land diverse Holzstämme und fragte César ob das gutes Holz sei. Ja das ist sogar super hartes und sehr langlebiges Holz. In unserer Plantage hat unser „Vorpächter“ einfach mal ein bisschen die Fläche vergrössert und einige Bäume gefällt. Die liegen da einfach rum und verrotten. Aus zwei Stämmen kann man gute Bretter schneiden die keine hohe Qualität haben, die können wir aber gut gebrauchen um sie als Verschalung beim Betonieren einzusetzen. Aus den vier Stämmen vom Ufer kann man einige Bretter und Pfosten schneiden aber nicht mit unserer Kettensäge. César brachte deshalb seine grosse Kettensäge mit und ja das ist wirklich eine grosse Maschine. Er begann die Stämme zu zersägen und das von blossem Auge. Die Bretter sind auf ca. 1 mm genau geschnitten. Der Abtransport war ein Kraftakt, die 3 Meter langen Bretter wogen um die 150 kg. Wir nahmen unser Auto zu Hilfe und parkten es direkt am Hafen der ca. 70 Meter weiter vorne als die Bretter liegt. Mit zweimal abstellen brachten wir die Bretter über den Steinstrand zum Auto. Einige Passanten wunderten sich, dass wir Holz vom Fluss nutzen denn das ist normalerweise Abfall. Wir haben aber aus vier Stämmen 15 Bretter von 1,5 Metern Länge (für Regale und Möbel), drei Bretter von 3 Metern Länge (für Möbel) und 12 Pfosten für Zäune geschnitten. Und das aus den Edelhölzern die ein Vermögen kosten in der Schweiz. Übrigens sind die Pfosten, für die Zäune, so hart dass sie uns überleben werden und man keine Agraffe einschlagen kann. Die Stämme aus der Plantage ergaben rund 50 Bretter von 2 Metern Länge. Wir werden so wenig Bäume wie möglich fällen und nutzen deshalb zuerst das Holz was rumliegt.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner