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Regenzeit

Was in Europa die vier Jahreszeiten sind, sind bei uns die Regen- und Trockenzeit und was halt so dazwischen liegt. Seit Mitte April befinden wir uns in der Regenzeit. Wer jetzt denkt, dass es bei uns den ganzen Tag regnet, der irrt sich. Wir haben in etwa gleich viele Sonnen- wie Regenstunden. Die Intensität des Regens nimmt einfach stärker zu und er ist anhaltender. Dieses Jahr ist die Trockenzeit ohne Vorwarnung direkt in die Regenzeit übergegangen. Der Monat Mai war ein Rekordmonat, was die Regenmenge betrifft. Bei uns fielen über 730 mm Niederschlag. So viel hatten wir bis dahin noch nie gemessen. Das gute ist ja, dass das Wasser bei uns schnell abfliesst und so keine grösseren Überschwemmungen verursacht werden. Die Böden sind aber mittlerweile sehr gut getränkt und fangen an zu rutschen, so gibt es einige kleine aber auch grössere Erdrutsche.

Leider betrifft dies auch unsere Weiden. In den «Voranden» hat es in den letzten Wochen so stark geregnet, dass es zu vielen Erdruschen kam und zeitweise alle Strassen nach Tena verschüttet waren. Mittlerweile ist die Strasse nach Quito wieder offen, aber nur während des Tages, in der Nacht wird sie aus Sicherheitsgründen gesperrt.  Die Strasse nach Baños war ebenfalls für mehrere Tage unpassierbar und das hatte zur Folge, dass auch unser Gemüsehändler nicht durchkam. Macht nichts – wir hatten noch Reserven und wer braucht denn schon immer frischen Salat? Solch ergiebige Niederschläge in den «Voranden» haben bei uns zur Folge, dass der Fluss Arajuno innert einer Stunde rund drei bis vier Meter ansteigt, obwohl bei uns die Sonne scheint. Für die Leute mit Kanu ist es immer wieder eine Herausforderung, den Fluss gut im Auge zu behalten. Denn sonst kann es sein, dass das Kanu versinkt oder, noch schlimmer, es vom Treibholz mitgerissen wird. Die ansässige Bevölkerung (bei uns) wartet noch auf das grosse Finale der Regenzeit, das normalerweise mit der Überschwemmung der Insel Anaconda endet. Dabei steigen die Flüsse Napo und Arajuno über vier Meter an, vereinigen sich und werden drei Kilometer breit. So ein Ende gab es letztmals im Jahr 2019. Wer weiss, vielleicht hat der Klimawandel auch dieses Phänomen sterben lassen.

Der Regen kommt

Wir haben bereits über die fleissigen Blattschneiderameisen berichtet. Was wir da nicht erwähnt hatten, ist dass es verschiedene Arten gibt. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die eine Art im Boden drin riesige Bauten errichtet und man sie sehr leicht loswerden kann, in dem man ihren Pilz «vergiftet». Es gibt aber auch Blattschneiderameisen, die ihre Bauten über der Erde errichten. Sie suchen etwas höher gelegene Stellen, bevorzugt an Sträuchern oder an Grasbüscheln. Geschütz vom Regen beginnen sie einen Hügel zu bauen der nur aus geschnittenen Blättern besteht.

Fleissige Blattschneiderameisen

Darin lassen sie einen Pilz gedeihen, von dem sie sich dann ernähren. Unter dem Pilz liegen die Brutkammern für ihre Eier. Der Pilz sorgt nämlich auch gleich für ein konstantes Klima innerhalb des Baus. Wir haben gleich mehrere Bauten rund ums Haus entdeckt. Diese Art ist besonders gefrässig, da sie ihren Bau immer wieder aufs Neue decken müssen, um Wassereinbruch zu verhindern. Sie sind richtige Architekten, was das anbelangt. Aber sie sind auch richtige Gourmets, sie lieben vor allem unseren Hibiskus und unseren Kräutergarten. Der Oregano wurde innert einer Nacht zerkleinert und davongetragen. Um sie loszuwerden, muss man erst einmal ihre Bauten finden. Wie gesagt, sie sind oft gut versteckt und die Ameisen sind nachtaktiv. Den Pilz zu vergiften ist nicht möglich, da unsere Hühner die dazu ausgestreuten Haferflocken gleich selberfressen würden. Insektengift ist für uns keine Option. Wen man den Bau mechanisch zerstört, bauen sie ihn einfach wieder auf und bebrüten die unversehrten Eier weiter bis sie wieder eine Königin haben. Ja, die sind Stammestreu. Es bleibt uns nur eine Weise sie loszuwerden und das ist mit Feuer.

Es war ja klar, dass wenn Michi in die Ferien geht unsere Kühe auf sehr dumme Gedanken kommen. Nicht nur dass sie den Zaun durchbrechen und das Gras auf der andern Strassenseite Fressen wollen, denn da ist es ja bekannterweise grüner und viel besser. Nein, sie randalieren richtiggehend. Tatiana hat es dabei etwas übertrieben. Sie ist sogar in unser Bambusbecken gefallen. Das heisst wir sind uns nicht sicher, ob sie eine Unterwassertherapie wollte oder es ein Versuch war sich selbst zu Pökelfleisch zu machen. Wir werden es nicht erfahren. Als sie in das Becken fiel, hat es so laut platsch gemacht, dass die Leute an der Strasse schauen gegangen sind was da los war und so konnten sie Joëlle schnell informieren.

Tatiana im Becken

Es war Samstag und César arbeitete nicht, so rief Joëlle unsere niederländischen Nachbarn an die zum Glück gleich zur Hilfe eilten. Auch César und seine Söhne, die nicht weit entfernt in ihrer Yukaplantage arbeiteten, kamen schnell zur Hilfe. Das Becken ist zwischen 170 cm und 185 cm tief und somit kommt die Kuh da nicht mehr alleine raus. Joëlle hat auch alle Gaffer um Hilfe gebeten, die dann aktiv mitanpackten Tatiana aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Es eilte natürlich auch, denn sie durfte auf keinen Fall zu viel Salzwasser schlucken und das stand ihr im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals. Andre und Dennis haben den Grund des Beckens mit Autoreifen gefüllt, so konnte Tatiana auch fast schon selber raussteigen, aber eben nur fast.

Tatiana kann leider nicht selber raussteigen

Sie musste doch noch stark angehoben werden und unsere Tatiana ist nicht gerade ein Leichtgewicht. Im Nachhinein kann man das Ganze tatsächlich mit etwas Humor nehmen, aber in der Situation selbst möchte man mit einer so dummen Kuh direkt zum Metzger fahren.

Tatiana hat einige Schrammen und ist müde, aber wohl auf

Ihr geht es gut und alle Helfer haben ein verdientes Bier bekommen. Michi ist ja jetzt zurück und die Kühe weiden wieder ruhig und glücklich auf der Weide. Das Bambusbecken mussten wir leider komplett abpumpen da sich Tatiana natürlich darin mehrmals versäuberte und es somit mehr einer Güllengrube als einem Immunisierungsbecken glich.

Die Helfer beim wohlverdienten Bier
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Kampf gegen die Elemente

Wir haben mit dem Bau für unser Bambusprojekt begonnen. Auch wenn wir die Finanzierung noch nicht ganz zusammen haben, sehen wir eine grosse Chance für uns und die Region. In den letzten Monaten führten wir viele Gespräche mit Interessenten. Wir haben einige Zusagen fürs nächste Jahr von Leuten bekommen die immunisierten Bambus bei uns kaufen werden. Wir haben sogar schon eine Anzahlung erhalten und haben darum beschlossen mit dem Bau eines Immunisierungsbeckens und eines Trocknungslagers zu beginnen. Das ist ein grosses Risiko das wir jetzt eingehen aber wer nicht wagt der nicht gewinnt. Vielleicht finden wir ja noch einen Investor oder Spender der uns den Rücken stärkt.

Die erste grosse Hürde ist geschafft, wir mussten zuerst mal den Platz aus ebnen und ein 14 Meter langes Loch graben. Dafür brauchten wir abermals einen Bagger den wir auffahren liessen. Da hat uns leider das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Durch die intensiven Niederschläge musste der Boden mehr verdichtet werden als erwartet und so hat das Ganze doppelt so lange als vorgesehen gedauert und leider auch doppelt so viel gekostet. Aber egal, jetzt waren der Platz eben und das Loch gegraben. Leider ist dann das Loch wegen Starkregens innert einer Stunde vollgelaufen und beim Abpumpen sind die Wände etwas eingestürzt. „Macht nichts“ haben wir gesagt, „das hält uns nicht auf“, und wir haben begonnen den Boden zu zementieren und die Armierungseisen anzubringen.

Nach der sehr trocknen Trockenzeit kamen einige heftige Stürme mit viel Regen und das hat einige Bäume entwurzelt. Zum einen liessen wir dieses Holz schneiden für die Konstruktion der Überdachung. Zum anderen haben wir einige Bäume von unseren Nachbarn bekommen um daraus für die Verkleidung zum Zementieren Bretter schneiden zu können. Leider hat uns auch da der Regen wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir brauchten auch dafür doppelt so lange. Natürlich müssen wir die Arbeiter auch bezahlen wenn sie dem Regen aus dem Weg gehen.

Holz von umgefallenen Bäumen für die Konstruktion

Trotzdem kommen wir vorwärts und erledigen einfach andere Arbeiten bei denen es nicht so auf den Regen ankommt. Eine neue Reifenmauer kann auch im Regen gebaut werden und die brauchen wir zum Abstützen der Plattform des Immunisierungsbeckens. Für uns ist alles viel Kostenintensiver geworden als geplant. Wie man so schön sagt: „Des einen Leid ist des andern Freud“. Unsere Mitarbeiter sind froh wenn sie ein Einkommen haben ganz besonders jetzt vor Weihnachten und auch nächste Woche vor Neujahr. So können sie einige Geschenke für die Familie besorgen und sich auch mal wieder was leckeres zu Essen kaufen. Zehn Mitarbeiter aus sechs verschiedenen Familien können wir so ein wenig glücklich machen. Ja unser Projekt wird immer sozialer. Wir hoffen, dass es nächste Woche etwas trockener sein wird und wir das Dach des Beckens fertig haben werden bevor die Regenzeit einsetzt.

Grosser Mittagstisch mit Mitarbeitern

Nebenbei haben wir auch noch unsere alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Michael musste endlich lernen, dass er nicht überall mitarbeiten kann. Er konzentriert sich nun mehr auf das Organisatorische wie das Beschaffen von Materialien und das Suchen nach Fachpersonal. Naja er versucht es zumindest, denn er kann es nicht lassen mit zu schaufeln und mit zu tragen. Zur Ablenkung und um einen freien Kopf zu bekommen schreinert er deshalb schöne Möbelstücke.

Joëlle hingegen muss alles Buchhalterische und die Bestellungen unter einen Hut bringen. So müssen wir Prioritäten setzen und so andere Arbeiten und Aufgaben zurückstellen. So können die Tage sehr lang werden und wir können nicht immer so einfach abschalten. Wir haben aber immer noch Spass und viel Freude. An solchen Projekten merken wir zu was wir gemeinsam im Stande sind und was wir alles bewerkstelligen können. Wir haben aber auch Unterstützung von Milena, unserer neuen Volontärin. Sie bepflanzt fleissig unseren Garten und hilft uns sehr mit den Tieren, im Haus und der Küche. Auch das Bepflanzen der Hänge ums Bambusbecken und dem Trocknungslager mit Vetiver hat sie übernommen. Vetiver ist ein Gras das bis zu 5 Meter lange Wurzeln bekommen kann, somit ist das zusätzlich zu den Reifen ein weiterer Hangschutz.

Reifenmauer zur Abstützung

Wie vorgängig erwähnt gehen die normalen Arbeiten weiter. Wir haben fünf unsere jungen Rinder verkaufen können und einen guten Preis dafür erhalten. Der Erlös fliesst natürlich gleich wieder in unser neuestes Projekt. Aber kaum war die Kuh-Herde verkleinert haben wir auch schon wieder neuen Nachwuchs bekommen. Till ist der jüngste Spross in der Gruppe. Auch da ist einmal mehr der viele Regen nicht gerade förderlich und wir müssen gut aufpassen, dass der Kleine nicht im Schlamm stecken bleibt. Denn er ist zum Glück sehr aktiv und rennt noch Kopflos einfach drauflos. Unsere Plantagen gedeihen gut und wir müssen einfach mal zwischendurch das Unkraut schneiden. Unsere gepflanzten Bäumchen werden ebenfalls alle zwei Wochen besucht um sicher zu stellen, dass es ihnen gut geht. Bei uns ist immer viel los und das ist auch gut so, denn Stillstand ist der sichere Tod.

An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Freunden, Bekannten, Familien, treuen und neuen Lesern bedanken. Danke für die finanzielle Unterstützung und für die vielen lieben Gedanken und Worte von euch. Es ist schön zu wissen, dass ihr an uns glaubt – das gibt uns immer wieder den neuen Antrieb. DANKE!

Yuma freut sich auch

Wie wünschen allen ruhige und erholsame Weihnachten und dass ihr euch nicht überesst und dann deshalb leiden müsst. Einen guten Start ins neue Jahr und bleibt gesund!