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Vampire auf dem Vormarsch

Was sich anhört wie in einem Gruselfilm, ist leider bei uns gerade ein grosses Thema. Die Gemeine Vampirfledermaus (Desmodus rotundus) ist auf dem Vormarsch und verbreitet sich schnell. Vampirfledermäuse ernähren sich ausschliesslich von Blut. Sie bevorzugen grössere Säugetiere aber auch ab und zu Vögel als Nahrungsquelle. Sie sind nachtaktiv und fliegen nahe an ihre Futterquelle heran, worauf sie sich dann lautlos an ihr Opfer anschleichen.

Foto: iNaturalist Ecuador

Mit ihren messerscharfen Vorderzähnen machen sie einen kleinen Schnitt. Sie bevorzugen Stellen die gut durchblutet sind wie z.B. hinter dem Ohr, am Nacken, an den Fussfesseln oder am Schwanzansatz. Die betroffenen Tiere spüren oft nichts da es ein ganz kleiner Schnitt ist. Die Fledermaus speichelt nun in die Wunde. Ihr Speichel verzögert die Blutgerinnung und so läuft das Blut raus und sie kann es auflecken. Da die Blutgerinnung erst nach etwa fünf Stunden einsetzt, kann die Fledermaus dasselbe Tier mehrmals pro Nacht anfliegen und ihren Hunger stillen.

Fledermausbiss

Leider übertragen Fledermäuse auch Krankheiten und vor allem die Vampire die Tollwut. Da sie sich gerne an Nutztieren bedienen und es diese vermehrt gibt, hat sich ihr Bestand vervielfacht. Leider hat sich aber dadurch auch die Tollwut verbreitet. Vor zwei Monaten gab es Tollwutfälle etwa 20 km von uns entfernt. Das Veterinäramt hat gleich eine grossangelegte Kampagne zur Tollwutimpfung durchgeführt, und zwar bei allen Haus- und Nutztieren. Früher wurden sogar Fallen aufgestellt, um so die Vampirfledermäuse einzufangen und den Bestand klein zu halten. Mit Corona musste Ecuador sparen und so hat man auch das abgeschafft. Das ist der Grund, weshalb es jetzt wieder viel mehr Vampirfledermäuse gibt. Wir haben angefangen die gebissenen Kühe mit einem speziellen Gift gegen die Vampire zu behandeln, um den Bestand bei uns und in der Region klein zu halten.

Da Joëlle wegen ihrer Arbeit nun noch mehr im Büro sein muss hat sie sich einen Waldweg in der Nähe des Hauses gewünscht, um vor dem Eindunkeln jeweils einen Spaziergang im Wald machen zu können. Michi hat sich den Kopf zerbrochen, wo das am einfachsten umsetzbar wäre. Er hatte die zündende Idee auf der dem Weg zum Einkaufen. Kaum zu Hause musste er natürlich gleich schauen gehen, ob das denn überhaupt möglich sei. Ja, das war es. César und er haben dann auch gleich begonnen einen alten, zugewucherten Weg wieder frei zu schlagen. Der führt aber aus unserem Grundstück heraus uns so mussten sie eine Treppe bauen, die auf den Hügel hinter dem Haus führt. Von da aus hat man eine traumhafte Aussicht über den Fluss Arajuno und unsere Farm.

Ausblick vom Aussichtspunkt

Nun führt der Weg ein kleines Stück über eine Weide und von da wieder zurück in den Wald. Michael wollte natürlich nicht nur einfach so einen Weg bauen, er hat ein Konzept für einen Lehrpfad ausgearbeitet. César und er pflanzten natürlich einige Bäume, welche die Artenvielfalt erhöhen. An Joëlles Geburtstag war der Weg zwar noch nicht ganz fertig, aber sie konnte ihn bereits begehen. Der Pflanzenlehrpfad ist fertig bepflanzt und muss nun einwachsen.

Der Weg beginnt hinter dem Haus und führt über die Weide, vorbei an zehn verschiedenen einheimischen Nutzbäumen, in den Wald. Entlang des Weges haben wir viele verschiedene Bäume gepflanzt bei denen wir nun beobachten können, wie sie wachsen. Am Ende des Weges kommt man bei unserem Fischteich vorbei, wo man auf der Bank dann auch noch etwas verweilen kann. Eine Runde dauert etwa 30 Minuten kann aber auch bis zu zwei Stunden dauern, denn wir entdecken immer wieder was Neues oder vergessen die Zeit beim Beobachten des grossen Blattschneidernests. Joëlle ist glücklich über den Weg und Michi hat sich auch schon ein Weihnachtsgeschenk ausgedacht: eine Sitzbank auf dem Aussichtspunkt. Dafür hat er ja zum Glück noch etwas Zeit.

César mit Jungbaum

Das Wetter spielt auch bei uns verrückt. Kolumbien wie auch Ecuador haben ein Wasserproblem. Bei uns im Amazonasbecken hat es genügend Wasser, aber in den Anden fehlt der Regen und deshalb sind die Stauseen fast leer. Das bedeutet Wasser sparen, denn ohne Wasser kein Strom und so muss erneut Strom bzw. Wasser gespart werden. Ecuador produziert 90 Prozent der Elektrizität mit Wasserkraftwerken. Wir haben schon mal darüber berichtet. Nur dieses Mal ist die Lage viel schlimmer und wir müssen geplant und sehr gezielt arbeiten und einkaufen gehen, ohne Strom gibt es kein Benzin in Tena. Letztes Mal dauerten die Stromausfälle jeweils zwei bis drei Stunden. Jetzt sind es fünf bis sieben Stunden. Wenn wir Glück haben sind es einige Stunden in der Nacht und wenn wir Pech haben ist es von morgens 8.00 Uhr bis nachmittags um 15.00 Uhr. Um das Kind beim Namen zu nennen: das ist dann so richtig scheisse. Wann der Strom abgestellt werden wird, erfährt man immer erst am Vortag und selbst das ist dann auch nicht sicher. Zum Glück haben wir einen Generator. Michi hat ein zweites (Notfall)Stromnetz im Haus installiert. So können wir zumindest die Kühlschränke und das Büro von Joëlle mit Elektrizität versorgen. Alles Andere muss warten bis wieder Strom fliesst. Wir warten sehnsüchtig auf die beginnende Regenzeit und hoffen, dass die Anden viel Wasser abbekommen und so die Stauseen gefüllt werden.

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Erfahrungsbericht aus dem Regenwald von Milena

Ankunft und Wartezeit

Nach meiner Ankunft holte mich Joëlle in Quito mit dem Auto ab. Auf unserer Fahrt in den Regenwald sahen wir bereits wunderschöne Landschaften und ich war fasziniert von dem fremden neuen Land. Joëlle erzählte mir, dass sie mit Luca festgesteckt war, weil die Strasse aufgrund eines Erdrutsches gesperrt war. Zuerst lachten wir noch darüber aber als wir an besagter Stelle ankamen, stand bereits eine Schlange an Autos und Lastwagen in dem kleinen Dörfchen. Nach Erkundigungen stellte sich heraus, dass ein Träger der Brücke eingestürzt war und diese repariert werden musste. Der erste Kulturschock; es gab keine Möglichkeit diese kaputte Brücke etwas weiter unten oder oben zu umfahren. Die nächste Umfahrungsstrasse, welche bereits einen grossen Umweg dargestellt hätte, war ebenfalls durch Bauarbeiten gesperrt und so haben wir gewartet. Und wir haben gewartet und gewartet und gewartet. Insgesamt standen wir ca. 11 Stunden und bewegten uns nicht vom Fleck.

warten, warten, warten…

Eingewöhnungszeit und Alltag

In der ersten Woche konnte ich es gemütlich angehen. Joëlle und Michi zeigten mir das Haus und die Umgebung. Die Sandfliegen und ihre vielen Stiche machte mir am Anfang ziemlich zu schaffen. Nach circa einem Monat hier, verheilten die aufgekratzten Stellen aber langsam und ich reagierte weniger extrem auf neue Stiche.
Ich lernte bald, wie die Meerschweinchen, Hühner, Hunde und die Katze gefüttert werden und durfte dies selbständig erledigen. Da ich Tiere liebe machte mir diese Arbeit viel Freude.

Yuma freut sich

Nach kurzer Zeit wurde ich zur Pflanzenfrau gekürt und pflanzte ums Haus herum Jamaica und Chili. Das Bambusprojekt von Joëlle und Michi war während meines Aufenthalts voll im Aufbau. Um zu verhindern, dass die Hänge rund um die Baustelle abrutschen, war ich dafür zuständig, Vetiver, eine Pflanze deren Wurzeln bis zu 5 Meter lang werden, zur Stabilisierung in die Hänge einzusetzen. Dabei habe ich mehr als 400 Pflänzchen gesetzt und es warten noch mehr Hänge darauf bepflanzt zu werden.

Passionsblumen-Käfer

Der Bau der Bambus-Immunisierungsanlage beanspruchte mehr Zeit als geplant und ich konnte mich dort nicht wirklich gut einsetzen. So arbeitete ich viel ums und im Haus. Joëlle und Michi gaben sich Mühe, mir immer passende und abwechslungsreiche Arbeiten zu übergeben. Zu meinen Tätigkeiten gehörten zum Beispiel in Bambusbehälter eingepflanzte Setzlinge und Weiden von Unkraut zu befreien, die Fliegengitter in den Fenstern zu reinigen und neue Gitter zuzuschneiden. Ab und zu am Mittag für uns und die Arbeiter zu kochen, was eine interessante Herausforderung war, da ich bis anhin noch nie für so viele Leute gekocht hatte. Zudem durfte ich Fondue Gabeln, welche von César und seiner Familie aus Bambus geschnitzt wurden, schleifen, damit Michi diese in die Schweiz zu seinem Bruder für dessen Restaurant schicken konnte. Diese Arbeit war total meditativ und hat mir viel Spass gemacht. In meiner letzten Woche habe ich noch meinen eigenen Baum gepflanzt, für den ich direkt eine Baumpatenschaft abgeschlossen habe. Dies war mir sehr wichtig.

Kühe pflegen

Am Ende meiner ersten Woche bei Joëlle und Michi stand ein Verkauf von Kühen an. Das bedeutete die Kühe von der Weide zum Haus zurücktreiben. Diese fanden wir allerdings nicht auf der Weide, wo sie sein sollten, sondern in einem steilen Waldstück. Das zurücktreiben, war für mich am Anfang ziemlich respekteinflössend, da die Kühe zum Teil recht ungehalten den Hang im Wald runter kamen. Ich ahmte so gut es ging die Rufe der anderen Arbeiter nach, um die Kühe anzutreiben und es machte mir mit der Zeit echt Spass. Beim Haus wurden die Kühe zuerst nach Verletzungen untersucht, eingefangen und behandelt. Ich sah, dass Michi und Joëlle sehr gut zu den Tieren und ihrem Wohlbefinden schauen.
Während meines ganzen Aufenthalts half ich immer wieder die Kühe zum Haus zurückzutreiben, da diese bei Weidenwechsel jeweils spezielles Futter bekamen und die verletzten Tiere gründlich versorgt wurden. Auch bei der Verarztung konnte ich assistieren.

Waldspaziergänge

Ich durfte Michael einmal nach Chorongo Alpa begleiten, um dort aufgestellte Wildkameras einzusammeln. Auf diesem Spaziergang durch den Regenwald erklärte mir Michi viele spannende Details über den Wald, die Pflanzen welche dort wachsen und die Tiere die dort leben. Die Vielfältigkeit des Waldes zu erleben, war für mich wunderschön und ich kam gar nicht mehr aus dem Staunen heraus. Auch die Reinheit der Luft fand ich überwältigend.

Ein anderes Mal konnte ich mit Michi ausgepflanzte Baumsetzlinge kontrollieren gehen. Danach führte er mich noch in den Primärwald und ich durfte Urwaldriesen bestaunen. Auf diesem Ausflug, erlebte ich den Regenwald hautnah. Uns überraschten zwei Regenschauer während wir im Wald waren und wir kamen klitschnass zum Haus zurück.

Freizeit und Kultur

In der Hängematte zu liegen, ein Buch zu lesen oder den Tieren zuzuhören, spazieren oder im nahgelegenen Fluss schwimmen zu gehen, gehörten zu meinen Lieblingsaktivitäten während meiner Freizeit. Sehr gerne verbrachte ich auch Zeit mit Joëlle und Michi auf der Veranda, wo ich eine Antwort auf alle möglichen Fragen erhielt und ich sehr viel über das Land Ecuador, die Politik, die Kultur und die Verhaltensweisen und Eigenarten der Menschen erfahren konnte sowie ganz viele Tipps für meine weitere Reise erhielt.
In Tena, der nächstgelegenen Stadt, durfte ich gratis im Studentenwohnheim von Christine übernachten, was ich sehr schätze. Es gibt keinen Fahrplan für den Bus von Puerto Barantialla nach Tena. Einfach an der Bushaltestelle warten bis der nächste kommt, auch etwas an das man sich als europäische Person zuerst gewöhnen muss.
Während meiner Zeit auf der Finca durfte ich zusammen mit Joëlle an eine traditionelle Kichwa Hochzeit gehen. So nahe an der Kultur von indigenen Menschen zu sein war für mich unglaublich spannend und eindrücklich.

Hochzeitsfest mit vielen Gästen und Geschenken

Kurz vor Weihnachten begleitete ich Joëlle an das Weihnachtsfest der Schule, was auch eine interessante und lustige Erfahrung war.
Michi und Joëlle waren immer sehr rücksichtsvoll und haben mir einen wundervollen Aufenthalt bereitet. Ich bin ihnen sehr dankbar, dass ich diese Möglichkeit hatte und werde die Erlebnisse hier nie vergessen.