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Erfahrungsbericht aus dem Regenwald von Milena

Ankunft und Wartezeit

Nach meiner Ankunft holte mich Joëlle in Quito mit dem Auto ab. Auf unserer Fahrt in den Regenwald sahen wir bereits wunderschöne Landschaften und ich war fasziniert von dem fremden neuen Land. Joëlle erzählte mir, dass sie mit Luca festgesteckt war, weil die Strasse aufgrund eines Erdrutsches gesperrt war. Zuerst lachten wir noch darüber aber als wir an besagter Stelle ankamen, stand bereits eine Schlange an Autos und Lastwagen in dem kleinen Dörfchen. Nach Erkundigungen stellte sich heraus, dass ein Träger der Brücke eingestürzt war und diese repariert werden musste. Der erste Kulturschock; es gab keine Möglichkeit diese kaputte Brücke etwas weiter unten oder oben zu umfahren. Die nächste Umfahrungsstrasse, welche bereits einen grossen Umweg dargestellt hätte, war ebenfalls durch Bauarbeiten gesperrt und so haben wir gewartet. Und wir haben gewartet und gewartet und gewartet. Insgesamt standen wir ca. 11 Stunden und bewegten uns nicht vom Fleck.

warten, warten, warten…

Eingewöhnungszeit und Alltag

In der ersten Woche konnte ich es gemütlich angehen. Joëlle und Michi zeigten mir das Haus und die Umgebung. Die Sandfliegen und ihre vielen Stiche machte mir am Anfang ziemlich zu schaffen. Nach circa einem Monat hier, verheilten die aufgekratzten Stellen aber langsam und ich reagierte weniger extrem auf neue Stiche.
Ich lernte bald, wie die Meerschweinchen, Hühner, Hunde und die Katze gefüttert werden und durfte dies selbständig erledigen. Da ich Tiere liebe machte mir diese Arbeit viel Freude.

Yuma freut sich

Nach kurzer Zeit wurde ich zur Pflanzenfrau gekürt und pflanzte ums Haus herum Jamaica und Chili. Das Bambusprojekt von Joëlle und Michi war während meines Aufenthalts voll im Aufbau. Um zu verhindern, dass die Hänge rund um die Baustelle abrutschen, war ich dafür zuständig, Vetiver, eine Pflanze deren Wurzeln bis zu 5 Meter lang werden, zur Stabilisierung in die Hänge einzusetzen. Dabei habe ich mehr als 400 Pflänzchen gesetzt und es warten noch mehr Hänge darauf bepflanzt zu werden.

Passionsblumen-Käfer

Der Bau der Bambus-Immunisierungsanlage beanspruchte mehr Zeit als geplant und ich konnte mich dort nicht wirklich gut einsetzen. So arbeitete ich viel ums und im Haus. Joëlle und Michi gaben sich Mühe, mir immer passende und abwechslungsreiche Arbeiten zu übergeben. Zu meinen Tätigkeiten gehörten zum Beispiel in Bambusbehälter eingepflanzte Setzlinge und Weiden von Unkraut zu befreien, die Fliegengitter in den Fenstern zu reinigen und neue Gitter zuzuschneiden. Ab und zu am Mittag für uns und die Arbeiter zu kochen, was eine interessante Herausforderung war, da ich bis anhin noch nie für so viele Leute gekocht hatte. Zudem durfte ich Fondue Gabeln, welche von César und seiner Familie aus Bambus geschnitzt wurden, schleifen, damit Michi diese in die Schweiz zu seinem Bruder für dessen Restaurant schicken konnte. Diese Arbeit war total meditativ und hat mir viel Spass gemacht. In meiner letzten Woche habe ich noch meinen eigenen Baum gepflanzt, für den ich direkt eine Baumpatenschaft abgeschlossen habe. Dies war mir sehr wichtig.

Kühe pflegen

Am Ende meiner ersten Woche bei Joëlle und Michi stand ein Verkauf von Kühen an. Das bedeutete die Kühe von der Weide zum Haus zurücktreiben. Diese fanden wir allerdings nicht auf der Weide, wo sie sein sollten, sondern in einem steilen Waldstück. Das zurücktreiben, war für mich am Anfang ziemlich respekteinflössend, da die Kühe zum Teil recht ungehalten den Hang im Wald runter kamen. Ich ahmte so gut es ging die Rufe der anderen Arbeiter nach, um die Kühe anzutreiben und es machte mir mit der Zeit echt Spass. Beim Haus wurden die Kühe zuerst nach Verletzungen untersucht, eingefangen und behandelt. Ich sah, dass Michi und Joëlle sehr gut zu den Tieren und ihrem Wohlbefinden schauen.
Während meines ganzen Aufenthalts half ich immer wieder die Kühe zum Haus zurückzutreiben, da diese bei Weidenwechsel jeweils spezielles Futter bekamen und die verletzten Tiere gründlich versorgt wurden. Auch bei der Verarztung konnte ich assistieren.

Waldspaziergänge

Ich durfte Michael einmal nach Chorongo Alpa begleiten, um dort aufgestellte Wildkameras einzusammeln. Auf diesem Spaziergang durch den Regenwald erklärte mir Michi viele spannende Details über den Wald, die Pflanzen welche dort wachsen und die Tiere die dort leben. Die Vielfältigkeit des Waldes zu erleben, war für mich wunderschön und ich kam gar nicht mehr aus dem Staunen heraus. Auch die Reinheit der Luft fand ich überwältigend.

Ein anderes Mal konnte ich mit Michi ausgepflanzte Baumsetzlinge kontrollieren gehen. Danach führte er mich noch in den Primärwald und ich durfte Urwaldriesen bestaunen. Auf diesem Ausflug, erlebte ich den Regenwald hautnah. Uns überraschten zwei Regenschauer während wir im Wald waren und wir kamen klitschnass zum Haus zurück.

Freizeit und Kultur

In der Hängematte zu liegen, ein Buch zu lesen oder den Tieren zuzuhören, spazieren oder im nahgelegenen Fluss schwimmen zu gehen, gehörten zu meinen Lieblingsaktivitäten während meiner Freizeit. Sehr gerne verbrachte ich auch Zeit mit Joëlle und Michi auf der Veranda, wo ich eine Antwort auf alle möglichen Fragen erhielt und ich sehr viel über das Land Ecuador, die Politik, die Kultur und die Verhaltensweisen und Eigenarten der Menschen erfahren konnte sowie ganz viele Tipps für meine weitere Reise erhielt.
In Tena, der nächstgelegenen Stadt, durfte ich gratis im Studentenwohnheim von Christine übernachten, was ich sehr schätze. Es gibt keinen Fahrplan für den Bus von Puerto Barantialla nach Tena. Einfach an der Bushaltestelle warten bis der nächste kommt, auch etwas an das man sich als europäische Person zuerst gewöhnen muss.
Während meiner Zeit auf der Finca durfte ich zusammen mit Joëlle an eine traditionelle Kichwa Hochzeit gehen. So nahe an der Kultur von indigenen Menschen zu sein war für mich unglaublich spannend und eindrücklich.

Hochzeitsfest mit vielen Gästen und Geschenken

Kurz vor Weihnachten begleitete ich Joëlle an das Weihnachtsfest der Schule, was auch eine interessante und lustige Erfahrung war.
Michi und Joëlle waren immer sehr rücksichtsvoll und haben mir einen wundervollen Aufenthalt bereitet. Ich bin ihnen sehr dankbar, dass ich diese Möglichkeit hatte und werde die Erlebnisse hier nie vergessen.

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Familienzuwachs und Glück im Unglück

Als wir vor zwei Wochen (freiwillig) in Quito waren konnten wir unsere neue Hündin Yuma abholen. Wir hatten zuvor unserer Tierärztin, Ellen, geschrieben ob sie jemand kennen würde der einen grossen kurzhaarigen Hund platzieren möchte. Sie hörte sich um und fand tatsächlich einen. Ellen schickte uns Fotos und wir schliessen das Hündchen gleich ins Herz. Einen Tag später war dann die Hündin bei der Tierärztin zur Kontrolle. Eine schöne Überraschung war das als uns Ellen sagte, dass Yuma schon etwas kleiner sei als sie auf dem Foto aussieht. Sie wog nur 6,5 kg, dafür war sie schon unterbunden und das mit nur fünf Monaten. Wir adoptierten sie trotzdem. Die Fahrt in ihr neues zu Hause meisterte sie gut. Zuhause angekommen warteten Sinchi und Bombi schon auf uns. Die zwei alten Herren ignorierten Yuma aber und hatten mehr Freude, dass wir wieder nach Hause gekommen waren. Es dauerte eine Weile bis sie merkten, dass da noch was Neues ist. Yuma wuchs in der Stadt Quito in einer Wohnung auf und kannte noch nichts von der Welt. Natürlich wusste sie auch nicht wo sie auf die Toilette gehen muss, nämlich nach draussen. Wir mussten einige Male den Boden aufwischen bis sie es kapiert hat. Beim ersten längeren Spaziergang lief sie super mit und war danach fix und foxi. Wir hoffen nun, dass Sinchi und Bombi ihr noch ganz viel beibringen können. Die Meute macht es bis jetzt super und sie harmonieren von Tag zu Tag besser.

Yuma mit ihrem 1. Knochen

Der letzte Beitrag ist schon ein rechtes Weilchen her. Ich hatte Glück im Unglück. Als ich den letzten Holzabschnitt von einer Weide runtertragen wollte, brach ich mir das Bein. Aber schön der Reihe nach. Die Geschichte vom Baum erzählen wir ein anderes Mal. Ich wollte nur noch das letzte Holzstück holen. Ein Holzteller von ca. 50 kg. Neun Stück hatte ich bereits in der letzten Woche geholt. Der Rückweg führt über einen steilen Abhang der etwa in der Mitte des Weges liegt. Ich pausierte noch bevor ich runter ging.

Unglücksort

Als ich losging rutschte ich aus, verdrehte das Bein und hörte ein lautes knacken und fiel sogleich zu Boden. Zuerst dachte ich noch ich sei auf einen Ast getreten, da sah ich aber schon meinen verdrehten Fuss und wusste sofort was Sache ist. Schien- und Wadenbein waren gebrochen. Der Schmerz und das Adrenalin schossen in mir hoch. Nun musste ich Ruhe bewahren und schauen wie ich das meistere. Glücklicherweise bin ich an einer Stelle hingefallen wo es Handyempfang gibt. Um neun Uhr rief ich Joëlle an und die war innert Rekordzeit bei mir oben. Sie musste aber noch weiter hoch zu unseren Arbeitern rennen, die nochmals 15 Minuten. weiter entfernt waren. Sie haben meine Hilferufe nicht gehört da sie auf der anderen Seite des Hügels arbeiteten. Nach gut 20 Minuten kamen dann César und die ganze Familie die bei uns gerade gearbeitet haben angerannt. Wir schienten das Bein mit Ästen und meinem Rucksack. Joëlle rannte wieder zum Haus zurück und versuchte dabei unsere niederländischen Nachbarn zu erreichen. César und Widinson bauten eine Trage aus Ästen und Bettlaken die Widinson im Haus bei Joëlle holte. Die Äste schnitten sie mit den Victorinox die wir ihnen zum Glück geschenkt hatten. Unsere Nachbarn waren jetzt auch da um mich runterzutragen. Nach 30 Minuten Weg lag ich dann endlich auf der Ladefläche unseres Pickups und bekam die ersten drei 800er Ibuprofen Tabletten die mir Joëlle aus dem Haus brachte. Ja, solche Tabletten hat man im Haus wenn man im Wald lebt. Jetzt folgte eine Stunde Fahrt nach Tena ins Spital die sehr schmerzhaft wegen den Vibrationen war. Hier gibt es keine Rega und keine Krankenwagen die einen holen kommen. Hier muss man selber schauen wie man sich rettet. Punkt zwölf Uhr waren wir im Spital. Dort wurde ich geröntgt und jetzt war es sicher, dass beide Knochen gebrochen waren. Ich bekam super Schmerzmittel und Joëlle musste sich um den Papierkram kümmern. Im Spital in Tena konnte ich nicht bleiben da sie nicht eingerichtet sind für solche Operationen. So richteten sie mir nur das Bein und machten einen Stützgips. Richten ist etwas übertrieben zu sagen, sie stellten mein Bein von einem 90 auf einen 45 Grad Winkel – aber nicht gerade. Joëlle regelte alles mit der Versicherung und wir durften nach Quito in ein Privatspital. Ja aber der Transport? Auch das organisierte Joëlle, aber dies war erst am nächsten Tag möglich. Eine Nacht im Spital in Tena ist nicht schön. Zum Glück bekam ich starke Medikamente. Joëlle fuhr in der Nacht nach Hause um alles mit dem Haus und den Tieren zu regeln. César und seine Familie haben sofort eingewilligt dort zu schlafen und die Arbeiten mit den Tieren zu übernehmen. So konnten wir beruhigt beide nach Quito hoch. Am nächsten Morgen hatten wir dann einen privaten Ambulanzdienst der uns nach Quito fuhr. Man hat uns schon im Hospital Metropolitano erwartet. Um 14 Uhr waren wir da und der Arzt hat sich mein Bein gleich angeschaut. Er besprach die OP mit uns besser gesagt mit Joëlle, denn ich hatte sehr farbige Träume von den Schmerzmitteln. Bevor wir ein Zimmer bekamen musste ich noch einem Coronatest machen der zum Glück negativ war. Um 17 Uhr waren wir im Zimmer und um 20 Uhr wurde ich bereits operiert. Viel bekam ich nicht mit von der OP. Nun habe ich einen langen Nagel im ganzen Schienbein der mit fünf Schrauben fixiert ist.

Da ich ein Einzelzimmer bekam konnte Joëlle auch im Spital bei mir schlafen. Am nächsten Morgen bei der Visite sagte uns der Doktor, dass ich bereits nach dem Mittag wieder gehen kann. Sie gaben mir eine Tüte voller Medikamente, Krücken und sagten was ich machen und was ich nicht machen soll und wann sie mich wieder zur Nachkotrolle sehen wollen. Super, nach Hause. Wir blieben noch eine Nacht in Quito bei Freunden.

Im Casa Helbling bei unseren Freunden Jessie und Claus

Joëlle organisierte ein Privattaxi das uns dann wieder nach Tena brachte. Der Bus war keine Option mit meinem Bein. Nun sind wir wieder im Wald und ich bin arbeitsunfähig für eine ganze Weile. Unsere Projekte kommen jetzt wieder sehr ins Stocken. Ausgerechnet jetzt wo alles so richtig Fahrt aufgenommen hatte und so viele Arbeiten anstehen. Wir hatten bis zum Unfall einen super Monat. Bis ich wieder voll arbeiten kann werden ca. 90 Tage vergehen. Das wird uns viel Geld und Geduld kosten da wir jetzt noch jemanden einstellen müssen für diese Zeit. Joëlle kann nicht alle Arbeiten von mir auffangen und César muss auch mal frei haben. Wir sind froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist und dass wir so gute Mitarbeiter wie César und Widinson haben. Auch die Nachbarschaftshilfe ist super und wir können nicht genug Danke sagen. Ich humple nun im Haus rum mit einer Tasche um den Hals, so dass ich alles selber holen kann und Joëlle so etwas entlaste und ihr nicht auf die Nerven gehe. Hoffentlich bin ich schnell wieder auf beiden Beinen und kann bald wieder mit anpacken.

Michi ist mobil

Wir wünschen allen schöne Weihnachten! Passt auf euch auf und bleibt gesund!

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